Galeria: Verborgene Machtspiele um Filialrettungen

Galeria: Verborgene Machtspiele um Filialrettungen
Systembild: Galeria steckte tief in der Krise © Presse.Online

Ein Drama um Galeria und Tausende, die um ihre Zukunft bangten

Als Galeria Anfang 2024 erneut Insolvenz anmeldete, war es bereits das dritte Mal in weniger als vier Jahren. Für Deutschlands größten Warenhauskonzern begann damit ein weiteres Kapitel voller Unsicherheit. Beschäftigte, Städte und Kundinnen fragten sich: Wie konnte es so weit kommen und hätte manches verhindert werden können?

Neue interne Vorgänge zeichnen jetzt ein Bild von Verhandlungen, verpassten Chancen und einem Machtkampf, der tiefer ging, als öffentlich sichtbar war.

Ein Traditionskonzern im freien Fall und ein überraschender Interessent

Die Geschichte der Galeria-Warenhäuser reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Doch die wirtschaftlichen Probleme der vergangenen Jahre überlagern die einstige Glanzzeit. Nach zwei Insolvenzen stand das Unternehmen im Herbst 2022 erneut unter massivem Druck.

In dieser Phase meldete sich ein potenzieller Investor: Markus Schön, Vorstandschef des Onlinehändlers buero.de, bot an, 47 Standorte zu übernehmen, darunter Filialen in Mittelzentren wie Fulda, Goslar oder Bad Homburg. Sein Ziel: Filialen fortführen, Arbeitsplätze sichern, Standorte neu ausrichten.

Sein erster Kontaktversuch an die damalige Galeria-Spitze blieb zunächst ohne Reaktion. Erst Wochen später kam ein Treffen zustande ohne gegenseitige Geheimhaltungsvereinbarung, aber mit großem Interesse auf Seiten von buero.de.

Monate der Gespräche und doch wuchs die Distanz

Während Galeria ein Schutzschirmverfahren begann, kam es zu ersten Gesprächen. Doch während Schön öffentlich Optimismus signalisierte, eskalierte hinter den Kulissen die Situation.

Nach Angaben aus dem Umfeld der damaligen Verhandlungen habe Schön wiederholt bemängelt, dass wichtige Informationen fehlten:

  • unzureichende Daten zu Mietverträgen,

  • keine klaren Angaben zur Belegschaft,

  • widersprüchliche Zahlen zu geplanten Schließungen.

Besonders die Mietkosten erwiesen sich als kritischer Punkt. Viele Immobilien lagen über Fondsstrukturen in Steueroasen Ansprechpartner waren kaum erreichbar. In anderen Fällen waren Mieten so hoch, dass Schön sie als „nicht tragfähig“ bezeichnete.

Ein internes Konzept, das weitreichende Schließungen vorsah später war von bis zu 90 Filialen die Rede – widersprach dem Ansatz von buero.de, möglichst viele Standorte zu erhalten. Für die Beschäftigten verschärfte das die Lage: Fachkräfte verließen das Unternehmen, Standorte meldeten Personalmangel.

Der Rückzug und die große Frage: Hätte mehr gerettet werden können?

Am 22. Dezember 2022 zog buero.de sein Angebot zurück. In einem Schreiben begründete Schön die Entscheidung mit „veränderten Rahmenbedingungen“ und „unzureichenden Informationen“. Auch das Gefühl, „man wolle uns nicht“, habe eine Rolle gespielt.

Die Folge: In der zweiten Insolvenz mussten 41 Häuser schließen, rund 4.000 Menschen verloren ihre Jobs.

Ob die Gespräche mit buero.de tatsächlich erfolgreich gewesen wären, bleibt offen. Doch interne Unterlagen werfen die Frage auf, ob mehr Offenheit, schnellere Gespräche und klarere Strategien eine größere Zahl an Filialen hätten retten können.

Ein Jahr später und wieder ein Versuch

2023 gab es erneut Kontakt zwischen Galeria und buero.de diesmal ging es um die Bürobedarfssparte. Doch auch diese Verhandlungen scheiterten. Kurz darauf rutschte die Signa-Holding in die Insolvenz, Galeria folgte wenig später erneut.

2024 kam der nächste Insolvenzantrag. Wieder schlossen Filialen. Wieder verloren Hunderte ihre Arbeit. Und wieder blieb die Frage: Wie viel davon war wirklich unvermeidbar?

Fazit und was bleibt

Die Geschichte von Galeria ist mehr als eine Unternehmenskrise. Sie ist ein Spiegelbild struktureller Probleme im deutschen Handel und ein Drama, das Tausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer persönlich traf. Die jetzt bekannt gewordenen Vorgänge zeigen, wie komplex die Lage war: wirtschaftliche Zwänge, widersprüchliche Interessen, mangelnde Transparenz.

Ob tatsächlich mehr Filialen hätten gerettet werden können, ist heute kaum eindeutig zu beantworten. Doch eines steht fest: Viele Beschäftigte hofften bis zuletzt und viele fühlten sich im Verfahren übergangen.

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FAQ

Warum ist Galeria mehrfach in die Insolvenz gerutscht?

Hauptfaktoren waren zu geringe Umsätze, hohe Mietkosten und strukturelle Probleme im Warenhausmodell.

Warum konnte buero.de die Filialen nicht übernehmen?

Nach Angaben aus internen Unterlagen fehlten wesentliche Informationen zu Personal, Mietverträgen und künftigen Sanierungsplänen.

Wie viele Filialen wurden geschlossen?

In der zweiten Insolvenzphase insgesamt 41 Häuser, in der Insolvenz 2024 kamen weitere neun hinzu.

Hätten Standorte gerettet werden können?

Das bleibt offen doch die internen Vorgänge werfen Zweifel auf, ob alle Optionen konsequent verfolgt wurden.

Quellenangaben

  • interne Dokumente aus dem Umfeld der Verhandlungen
  • Pressemitteilungen früherer Galeria-Insolvenzverfahren
  • öffentliche Aussagen von Beteiligten aus den Jahren 2022–2024

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