EU verschärft Asyl- und Abschieberegeln
EU-Staaten einigen sich auf strengere Abschieberegeln
Bei einem Treffen der EU-Innenminister in Brüssel haben die Mitgliedstaaten eines der letzten Hindernisse für die EU-Asylreform ausgeräumt. Die Reform, die ab Juli 2026 in Kraft treten soll, sieht weitreichende Änderungen bei Rückführungen, Grenzverfahren und der Solidaritätsverteilung vor. Ziel sei es, Abschiebungen effizienter zu gestalten und „den Druck auf Personen ohne Bleiberecht zu erhöhen“, so die Innenministerien mehrerer Staaten.
Kernpunkt: Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig stärker an ihrer eigenen Rückführung mitwirken müssen. Wer sich weigert, Dokumente vorzulegen oder für Behörden erreichbar zu bleiben, muss laut EU-Beschluss mit Leistungskürzungen, Einreiseverboten oder sogar Haftstrafen rechnen.
Neue Rückführungszentren in Drittstaaten Kritik an Rechtsfragen
Besonders umstritten ist der Plan, abgelehnte Asylbewerber in Rückführungszentren außerhalb Europas unterzubringen. Eine niederländische Initiative sieht ein solches Zentrum in Uganda vor, an dem sich perspektivisch auch Deutschland beteiligen könnte. Menschenrechtsorganisationen zweifeln jedoch, ob diese Praxis mit EU-Recht und internationalen Schutzstandards vereinbar wäre.
Die Organisation Human Rights Watch warnte bereits 2024, dass europäische Staaten „durch Outsourcing die Verantwortung für Schutzsuchende nicht abgeben können“. Auch mehrere Rechtsexperten betonen, dass das Konzept nur dann legal wäre, wenn in den Drittstaaten rechtsstaatliche Asylverfahren gewährleistet sind.
Abschiebungen in „sichere Herkunftsstaaten“ sollen erleichtert werden
Die EU-Staaten wollen zudem die Liste sogenannter sicherer Herkunftsländer erweitern. Künftig sollen unter anderem Marokko, Tunesien, Ägypten, Kosovo, Indien, Bangladesch und Kolumbien dazugehören. Damit könnten Asylverfahren aus diesen Ländern beschleunigt und Rückführungen vereinfacht werden.
Das Europäische Parlament muss dem Vorhaben noch zustimmen. Größere Änderungen gelten aufgrund der Mehrheitsverhältnisse jedoch als unwahrscheinlich.
Weniger Umsiedlungen als ursprünglich geplant
Ein zentraler Baustein der Asylreform betrifft die EU-weite Verteilung von Schutzsuchenden. Statt der ursprünglich vorgesehenen 30.000 Personen sollen im Jahr 2026 zunächst 21.000 innerhalb der EU umgesiedelt werden. Zusätzlich stellen die Mitgliedstaaten 420 Millionen Euro Solidaritätsbeiträge bereit weniger als die 600 Millionen Euro, die langfristig vorgesehen sind.
Laut EU-Innenkommissar Magnus Brunner könne sich Deutschland darauf berufen, bereits einen überproportional hohen Anteil an Asylbewerbern zu betreuen. Ein internes EU-Papier bestätigt, dass zahlreiche Fälle aus eigentlich zuständigen Ländern in Deutschland liegen.
Asylzahlen sinken Altfälle bleiben Herausforderung
Die Zahl neuer Asylanträge in der EU, Norwegen und der Schweiz sank im ersten Halbjahr 2025 um 23 Prozent. Dennoch bleiben die Rückstände hoch: Deutschland verzeichnet mit 213.000 offenen Verfahren den dritthöchsten Bestand in Europa.
Menschenrechtsorganisationen mahnen, dass strengere Abschieberegeln allein keine nachhaltige Entlastung bringen. Stattdessen brauche es „funktionsfähige Asylsysteme und faire Verfahren“, wie die Europäische Asylagentur betonte.
Fazit
Die EU-Asylreform markiert einen tiefgreifenden Wandel in der europäischen Migrationspolitik. Während Mitgliedstaaten auf Entlastung und schnellere Verfahren hoffen, warnen Kritiker vor möglichen Rechtsverletzungen und einer Verlagerung humanitärer Verantwortung.
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FAQ
Was ist das Ziel der EU-Asylreform?
Die Reform soll Verfahren beschleunigen, Außengrenzen entlasten und Abschiebungen effizienter gestalten.
Warum gibt es Kritik an Rückführungszentren in Drittstaaten?
Juristen und NGOs zweifeln, ob dort rechtsstaatliche Standards gewährleistet werden können – ein möglicher Verstoß gegen EU-Recht.
Was ändert sich für abgelehnte Asylbewerber?
Sie müssen aktiv an ihrer Rückführung mitwirken. Bei Nicht-Kooperation drohen Leistungskürzungen, Einreiseverbote oder Haft.
Welche Länder gelten künftig als sichere Herkunftsstaaten?
Geplant sind u. a. Marokko, Tunesien, Ägypten, Kosovo, Indien, Bangladesch und Kolumbien.
Warum werden weniger Asylsuchende umgesiedelt?
Da die Reform erst 2026 startet, einigten sich die Staaten auf eine abgespeckte Übergangslösung mit 21.000 Umsiedlungen statt 30.000.
Quellenangaben
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Rat der Europäischen Union / EU-Innenministertreffen in Brüssel, Pressemitteilung und Beschlussentwürfe.
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Europäische Asylagentur (EUAA): Asylum Trends Report 2025.
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Human Rights Watch: Stellungnahmen zur Auslagerung von Asylverfahren, 2024.