EU beschließt 90-Milliarden-Kredit für Ukraine

EU beschließt 90-Milliarden-Kredit für Ukraine
Systembild: EU einigt sich auf Kredit für die Ukraine © Presse.Online

EU einigt sich auf Kredit für die Ukraine: 90 Milliarden Euro als politisches Signal

In einer Nachtsitzung beim EU-Gipfel haben sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf weitere finanzielle Unterstützung für die Ukraine verständigt. Für die kommenden zwei Jahre soll ein Kredit über 90 Milliarden Euro bereitgestellt werden ein Kompromiss nach wochenlangen Differenzen.

Einigung nach langen Verhandlungen

„Wir haben eine Abmachung“, erklärte EU-Ratspräsident António Costa am Freitagmorgen über den Onlinedienst X. Die Einigung sieht vor, dass die EU-Kommission einen zinslosen Kredit aufnimmt, mit dem die Ukraine ihren militärischen und staatlichen Finanzbedarf decken kann. Die Rückzahlung soll nur dann erfolgen, wenn Russland Reparationszahlungen für die Zerstörungen des seit 2022 andauernden Angriffskrieges leistet.

Bis dahin bleiben die in der EU eingefrorenen russischen Staatsguthaben immobilisiert. Nach Darstellung der EU-Spitzen müssen die Mitgliedstaaten deshalb nicht unmittelbar für den Kredit haften.

Signalwirkung gegenüber Moskau

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprach von einem „klaren Signal“ an Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Die vereinbarten Mittel reichten aus, um sowohl den militärischen Bedarf als auch den ukrainischen Staatshaushalt für zwei Jahre abzusichern. „Putin wird erst einlenken, wenn er erkennt, dass sich dieser Krieg nicht lohnt“, erklärte Merz ebenfalls auf X.

Die politische Botschaft: Die EU will ihre Unterstützung verstetigen und zugleich deutlich machen, dass wirtschaftliche Erschöpfung kein kurzfristiges Druckmittel gegen Kiew ist.

Abkehr vom Zugriff auf russisches Staatsvermögen

Mit dem Kompromiss ist ein alternativer, von Merz ursprünglich bevorzugter Plan vom Tisch. Dieser sah vor, direkt auf in der EU eingefrorene russische Zentralbankgelder vor allem in Belgien zuzugreifen und damit Kredite von bis zu 210 Milliarden Euro zu unterlegen. 90 Milliarden Euro sollten bis Ende 2027 fließen.

Merz betonte jedoch, es habe sich lediglich „die Reihenfolge“ geändert: Die EU gehe nun in Vorleistung, der Kredit bleibe faktisch durch russische Vermögenswerte abgesichert.

Verstärkte Zusammenarbeit statt Einstimmigkeit

Rechtlich möglich wurde der neue Ansatz durch das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit. Statt aller 27 EU-Mitgliedstaaten beteiligen sich 24 Länder. Ungarn, die Slowakei und Tschechien machen nicht mit. Damit umgeht die EU das Einstimmigkeitserfordernis, das in der Ukraine-Politik zuletzt mehrfach Blockaden verursacht hatte.

Warum der direkte Zugriff scheiterte

Nach Angaben aus Diplomatenkreisen scheiterte der ursprüngliche Plan zur direkten Nutzung russischer Staatsvermögen vor allem am Widerstand einzelner Länder. Nachdem Belgien lange gezögert hatte, stellten sich zuletzt auch Frankreich und Italien quer.

Zentraler Streitpunkt war ein von Belgiens Premierminister Bart De Wever geforderter Schutzmechanismus. Belgien wollte garantierte Absicherungen gegen mögliche Risiken – etwa russische Vergeltungsmaßnahmen wie Enteignungen europäischer Unternehmen in Russland.

Besonders sensibel ist dabei die Rolle von Euroclear. Das Finanzinstitut mit Sitz in Brüssel verwaltet einen Großteil der eingefrorenen russischen Vermögenswerte und ist für den belgischen Staat ein erheblicher Steuerzahler. Zudem wurde befürchtet, dass internationale Schiedsgerichte einen Zugriff als illegale Enteignung werten könnten – mit potenziell gravierenden Folgen für das Vertrauen in den europäischen Finanzmarkt.

Analyse & Einordnung

Die Einigung markiert einen strategischen Wendepunkt in der EU-Ukraine-Politik. Erstmals wird ein großvolumiger Kredit explizit an mögliche künftige Reparationszahlungen Russlands geknüpft. Politisch ist das ein Balanceakt: Solidarität mit der Ukraine, ohne rechtliche Präzedenzfälle zu schaffen, die Europas Finanzsystem destabilisieren könnten.

Für die EU bedeutet der Kompromiss auch, dass sie ihre Handlungsfähigkeit wahrt trotz unterschiedlicher Interessen innerhalb der Mitgliedstaaten. Für die Ukraine schafft der Beschluss Planungssicherheit, zumindest mittelfristig.

Fazit:

Mit dem 90-Milliarden-Euro-Kredit setzt die EU auf finanzielle Stabilisierung statt rechtlicher Eskalation. Ob Russland jemals Reparationen zahlen wird, bleibt offen. Klar ist jedoch: Die EU bindet ihre Unterstützung enger an geopolitische und rechtliche Leitplanken und sendet ein deutliches Signal der Geschlossenheit.

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FAQ

Wie hoch ist der neue EU-Kredit für die Ukraine?
Der Kredit umfasst 90 Milliarden Euro und ist für die kommenden zwei Jahre vorgesehen.

Muss die Ukraine das Geld zurückzahlen?
Nur dann, wenn Russland Reparationszahlungen für Kriegsschäden leistet. Andernfalls bleibt der Kredit faktisch zinsfrei.

Wer nimmt den Kredit auf?
Die EU-Kommission nimmt den Kredit im Namen der beteiligten Mitgliedstaaten auf.

Warum nutzt die EU nicht direkt russisches Staatsvermögen?
Mehrere Länder befürchteten rechtliche Risiken, mögliche Vergeltungsmaßnahmen Russlands und Vertrauensverluste an den Finanzmärkten.

Welche Länder beteiligen sich nicht?
Ungarn, die Slowakei und Tschechien nehmen nicht an der verstärkten Zusammenarbeit teil.

Quellen:

  • Europäischer Rat / EU-Ratspräsident António Costa, offizielle Erklärung auf X

  • Bundesregierung, Statements von Bundeskanzler Friedrich Merz

  • EU-Kommission: Angaben zu eingefrorenen russischen Staatsvermögen

  • Diplomatenangaben aus EU-Kreisen (mehrfach bestätigt durch internationale Nachrichtenagenturen)

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