Warum Rentner trotz höherer Renten ärmer werden
Rentenlücke wächst: Neue Zahlen zeigen wachsende Einkommenskluft zwischen Rentnern und Erwerbstätigen
Rentnerinnen und Rentner in Deutschland verlieren im Vergleich zur arbeitenden Bevölkerung weiter an Einkommen. Neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen, dass sich die Einkommenslücke in den vergangenen Jahren deutlich vergrößert hat mit spürbaren sozialen Folgen.
Wachsende Einkommenslücke trotz Rentenerhöhungen
Nach Angaben des Statistisches Bundesamt lag das durchschnittliche Nettoäquivalenzeinkommen von Ruheständlern im Jahr 2024 bei 26.723 Euro. Erwerbstätige verfügten im selben Jahr über durchschnittlich 37.243 Euro. Die Einkommensdifferenz belief sich damit auf 10.520 Euro so hoch wie nie zuvor.
Zum Vergleich:
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2023 betrug die Lücke 9.638 Euro,
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2022 lag sie bei 8.551 Euro.
Zwar stiegen die Renten nominal, doch die Einkommen der Erwerbstätigen wuchsen schneller. Damit hat sich die relative Position der Ruheständler weiter verschlechtert.
Die Zahlen stammen aus einer Anfrage des Bündnis Sahra Wagenknecht und liegen dem Magazin Stern vor.
Politische Reaktionen und Forderungen
BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht spricht angesichts der Entwicklung von „Wohlstandsverlierern der letzten Jahre“. Rentner hätten entgegen gängiger Debatten nicht mehr, sondern relativ weniger Geld zur Verfügung als die übrige Bevölkerung, sagte sie dem Stern.
Wagenknecht fordert unter anderem eine verpflichtende Einzahlung aller Bundestagsabgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung. Das BSW kündigte an, einen entsprechenden Antrag einzubringen, sobald die Partei im Bundestag vertreten ist.
Immer mehr Rentner auf Grundsicherung angewiesen
Parallel zur wachsenden Einkommenslücke steigt die Zahl der Rentner, die zusätzlich staatliche Hilfe benötigen. Ende September bezogen laut Statistischem Bundesamt rund 755.300 Menschen Grundsicherung im Alter ein Höchststand. Seit Juni entspricht das einem Plus von rund 6.000 Personen.
Besonders deutlich ist der Anstieg im Jahresvergleich: Innerhalb von zwölf Monaten wuchs die Zahl der Empfänger um etwa 25.000. Seit 2021 beträgt der Zuwachs rund 30 Prozent. Damals lag die Zahl noch bei knapp 580.000.
Überdurchschnittlich betroffen sind Frauen: Rund 428.685 Seniorinnen knapp 57 Prozent aller Beziehenden erhielten zuletzt Grundsicherung im Alter. Ursachen sind häufig unterbrochene Erwerbsbiografien, Teilzeitbeschäftigung und geringere Löhne.
Analyse: Warum die Entwicklung jetzt besonders relevant ist
Die Zahlen fallen in eine Phase hoher Lebenshaltungskosten. Inflation, steigende Mieten und Energiekosten treffen Haushalte mit festen Einkommen besonders stark. Während Erwerbstätige zumindest teilweise durch Lohnanpassungen reagieren können, bleiben Renten zeitlich verzögert und oft unzureichend angepasst.
Für Politik und Gesellschaft stellt sich damit erneut die Frage nach der langfristigen Stabilität des Rentensystems. Experten verweisen darauf, dass ohne strukturelle Reformen etwa bei Erwerbsbiografien, Rentenniveau oder ergänzender Vorsorge das Risiko von Altersarmut weiter steigt.
Fazit und Ausblick
Die neuen Destatis-Zahlen zeigen klar: Rentnerinnen und Rentner geraten im Vergleich zur arbeitenden Bevölkerung zunehmend ins Hintertreffen. Die wachsende Einkommenslücke und der Anstieg der Grundsicherungsempfänger verdeutlichen den Handlungsdruck. Die Rentendebatte dürfte damit weiter an Schärfe gewinnen.
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FAQ: Häufige Fragen zur Rentenlücke
Warum wächst die Einkommenslücke zwischen Rentnern und Erwerbstätigen?
Weil die Einkommen der Erwerbstätigen in den vergangenen Jahren stärker gestiegen sind als die Renten, insbesondere durch Lohnentwicklungen und Tarifabschlüsse.
Was ist das Nettoäquivalenzeinkommen?
Es beschreibt das verfügbare Einkommen eines Haushalts, angepasst an dessen Größe und Zusammensetzung, und ermöglicht vergleichbare Aussagen über Lebensstandards.
Wie viele Rentner beziehen Grundsicherung im Alter?
Ende September 2024 waren es rund 755.300 Menschen – so viele wie nie zuvor.
Warum sind Frauen besonders betroffen?
Frauen haben häufiger niedrigere Renten aufgrund von Teilzeit, Care-Arbeit und geringeren Einkommen während des Erwerbslebens.
Ab welchem Alter besteht Anspruch auf Grundsicherung im Alter?
Grundsätzlich ab 67 Jahren, wenn die eigene Rente nicht für den Lebensunterhalt ausreicht.
Quellen:
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Statistisches Bundesamt (Destatis): Einkommens- und Sozialstatistiken 2022–2024
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Magazin Stern: Berichterstattung zu BSW-Anfrage und Renteneinkommen