Selenskyj lenkt bei Korruptionsgesetz ein

Selenskyj lenkt bei Korruptionsgesetz ein
Proteste gegen Selenskyj © Presse Online GmbH

Selenskyjs Rückzieher beim Korruptionsgesetz: Proteste erzwingen Kurswechsel

Tausende Menschen auf den Straßen, Plakate gegen den Präsidenten, Rufe nach Gerechtigkeit und das mitten im Krieg. Was klingt wie eine Szene aus friedlichen Zeiten, ist bittere Realität in der Ukraine: Die Bevölkerung begehrt auf. Nicht gegen Russland, sondern gegen ein neues Gesetz aus dem eigenen Präsidentenpalast.

Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in dieser Woche erlebt, was es bedeutet, die rote Linie der ukrainischen Zivilgesellschaft zu überschreiten und ist prompt zurückgerudert.

Reform gegen Korruption oder gegen Vertrauen?

Am Anfang stand ein Gesetz, das angeblich die Antikorruptionsbehörden reformieren sollte. NABU und SAPO einst Symbol für Transparenz sollten unter die Kontrolle des Generalstaatsanwalts gestellt werden. Kritiker waren alarmiert: Das bedeutete in der Praxis nichts weniger als das Ende ihrer Unabhängigkeit.

Selenskyj sprach von notwendiger „Säuberung“ und russischem Einfluss. Doch viele vermuteten einen anderen Hintergrund: ein Machtkampf hinter den Kulissen. Es kursierten Berichte über Ermittlungen gegen einen engen Vertrauten Selenskyjs plötzlich schien der Präsident nicht mehr Reformer, sondern Strippenzieher.

Die Bevölkerung protestiert und das laut

Trotz Demonstrationsverbot durch das geltende Kriegsrecht gingen Tausende auf die Straße: in Kiew, Odessa, Charkiw, Dnipro. Es war die größte Protestwelle seit Beginn der russischen Invasion. Sie traf Selenskyj dort, wo es wehtut: beim internationalen Image und der Unterstützung aus dem Westen.

Auch die EU reagierte prompt. Ursula von der Leyen sprach von „ernsthaften Bedenken“, deutsche Politiker warnten, der EU-Beitritt der Ukraine stehe auf dem Spiel. Ein Schock für die Regierung.

Selenskyjs Kehrtwende: Einsicht oder Strategie?

Am Donnerstag folgte der Rückzieher. „Wahrscheinlich hätte es einen Dialog geben sollen“, sagte Selenskyj kleinlaut. Er legte einen neuen Gesetzentwurf vor, der NABU und SAPO wieder ihre Unabhängigkeit zusichert – bei gleichzeitiger Einführung von Lügendetektortests.

Ein Signal an die Bevölkerung: Wir hören euch. Doch ist das genug?

Machtverlust, Vertrauensbruch, Rückgewinn?

Der politische Schaden ist da. Viele Ukrainer empfinden das ursprüngliche Gesetz als Vertrauensbruch. Korruptionsbekämpfung ist eines der wenigen Themen, das selbst in Kriegszeiten breite Unterstützung genießt. Die Erwartungshaltung an Selenskyj war groß und wurde enttäuscht.

Trotzdem: Politisch gefährlich wird es vorerst nicht. Wahlen sind unter Kriegsrecht ausgesetzt. Und ernsthafte Herausforderer? Fehlanzeige.

Der Kampf um Glaubwürdigkeit und um Europa

Die Ukraine will in die EU das ist Staatsziel. Doch der Reformrückzieher zeigt, wie brüchig der Weg sein kann. Transparency International führt die Ukraine weiterhin am unteren Ende der Korruptionsskala. Jeder Rückschritt wiegt schwer.

Gleichzeitig hat die Regierung durch das Einlenken vielleicht gezeigt, dass sie lernfähig ist. Die Frage ist nur: War es echte Einsicht oder purer Selbsterhalt?

Die Ukraine kämpft an mehreren Fronten: gegen Russland, gegen Korruption und um das Vertrauen ihrer eigenen Bürger. Selenskyjs Rückzieher zeigt: Der Druck der Straße wirkt, selbst im Krieg. Doch wie glaubwürdig bleibt ein Präsident, der erst nach Massenprotesten auf sein Volk hört?

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Verwendete Quellen
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