Merz kämpft um Ausnahme für Rosneft Schwedt

Merz kämpft um Ausnahme für Rosneft Schwedt
Systembild: Merz bittet um Ausnahme für Rosneft Deutschland © Presse.Online

US-Sanktionen, Rosneft & PCK Schwedt: Merz setzt auf Ausnahmeregel, was das für Deutschland bedeutet

Deutschland im Sanktionsschock

Nach den verschärften US-Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil steht Deutschlands Energieversorgung erneut unter Druck. Bundeskanzler Friedrich Merz bittet Washington um Gnade für Rosneft Deutschland und die PCK-Raffinerie Schwedt. Es ist ein Moment, der zeigt, wie verletzlich die Republik geworden ist.

Die PCK Schwedt versorgt Berlin, Brandenburg und Teile Mecklenburg-Vorpommerns mit Benzin und Diesel. Rosneft Deutschland, das dort Mehrheitsanteile hält, steht seit 2022 unter Treuhand der Bundesnetzagentur ein rechtlicher Balanceakt, um eine Enteignung zu vermeiden. Nun drohen die US-Sanktionen, diese fragile Konstruktion zu kippen.

„Wir brauchen Versorgungssicherheit, keine Symbolpolitik“

Regierungssprecherin Christiane Hoffmann erklärte am Freitag, Berlin stehe „in engem Austausch mit den US-Behörden, um die Auswirkungen der Sanktionen auf den Standort Schwedt zu minimieren“. Auch Energieökonomin Claudia Kemfert (DIW) mahnt:

„Eine Ausnahmeregel mag kurzfristig nötig sein. Langfristig müssen wir unabhängiger werden von Russland, aber auch von den USA.“

Merz wiederum betonte, man wolle „keine Sonderbehandlung, sondern Stabilität für Ostdeutschland“. Kritiker sehen darin jedoch ein Eingeständnis mangelnder strategischer Vorbereitung.

Energiezahlen 2025 im Überblick

  • Ölpreis nach US-Sanktionen: +5–6 %

  • Haushaltsstrompreis: Ø 38 ct/kWh

  • Stromsperren 2024: +20 % (≈ 245 000 Fälle)

  • US-Anteil an EU-LNG-Importen: 57,7 % (Q2/2025)

Trotz sinkender Großhandelspreise bleibt die Belastung für Haushalte hoch. Laut Bundesnetzagentur stiegen 2024 die Stromsperrungen um rund 20 Prozent. Als Ursache gelten vor allem Nachzahlungen und Energiepreisaufschläge.

Abhängigkeit verschoben statt beendet

Deutschland hat sich von russischem Öl weitgehend gelöst doch die Importlücke füllen nun die USA. 2024 stammten 45 Prozent der EU-LNG-Importe aus amerikanischen Quellen, im Frühjahr 2025 bereits fast 58 Prozent.
Energieanalysten sprechen von einer „geopolitischen Zange“: Russland fällt als Lieferant aus, die USA bestimmen Preise und Konditionen.

Außenpolitische Schwäche sichtbar

Seit seinem Amtsantritt im Frühjahr 2025 bemüht sich Merz, das Verhältnis zu Washington zu stabilisieren. Doch in der Sanktionsfrage wird deutlich, wie wenig Handlungsspielraum Berlin außenpolitisch besitzt.
Im Juni hatte Merz bei seinem Antrittsbesuch im Weißen Haus Donald Trump eine Kopie der Geburtsurkunde von Trumps Großvater aus Kallstadt überreicht als symbolisches Geschenk der Verbundenheit. Trump reagierte mit einem knappen: „That’s serious German.“ Kurz darauf verschärfte Washington seine Sanktionslinie.

Folgen für Bürger spürbar

Seit Beginn der Sanktionen legte der Ölpreis um bis zu sechs Prozent zu. Viele Tankstellen zogen bereits nach. Auch bei Heizöl und Gas zeigt sich der Effekt: Verbraucher zahlen im Schnitt noch immer 74 Prozent mehr als vor dem Ukraine-Krieg. Besonders Haushalte mit geringem Einkommen geraten zunehmend in Zahlungsschwierigkeiten.

Fazit: Zwischen Abhängigkeit und Handlungsdruck

Kurzfristig entscheidet sich, ob Rosneft Deutschland von den US-Sanktionen faktisch betroffen ist. Mittel- und langfristig bleibt entscheidend, Europas Energieabhängigkeit zu verringern, soziale Härten abzufedern und industriepolitisch wieder auf Augenhöhe zu kommen.
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FAQ

Trifft die US-Sanktionsliste Rosneft Deutschland direkt?
Offiziell zielen die Maßnahmen auf die Muttergesellschaften. Deutschland argumentiert, Rosneft Deutschland sei unter Treuhand operativ getrennt. Eine Entscheidung der USA steht noch aus.

Wie wichtig ist PCK Schwedt für die Versorgung?
Sie gilt als Rückgrat der Kraftstoffversorgung im Osten Deutschlands 90 Prozent des Berliner Tankstellenbedarfs laufen über Schwedt.

Wie stark ist die EU von US-LNG abhängig?
Sehr stark steigend: 2024 lag der Anteil bei rund 45 %, im Q2 2025 bei fast 58 %.

Warum steigen Sperrzahlen trotz sinkender Großhandelspreise?
Viele Verträge wirken zeitverzögert, Nachzahlungen treffen Haushalte mit Monaten Verzögerung. Zudem steigen Netzentgelte und Abgaben.

Quellen

  1. Reuters: Berichterstattung zu US-Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil, Marktreaktionen und Ölpreisentwicklung.

  2. Bloomberg: Analyse der Auswirkungen der US-Sanktionen auf den europäischen Energiemarkt.

  3. Bundesregierung: Stellungnahme der stellvertretenden Regierungssprecherin Christiane Hoffmann zu Gesprächen mit den USA über Rosneft Deutschland.

  4. Bundesnetzagentur: Jahresbericht 2024 zu Strom- und Gassperren, Energiepreisstatistik.

  5. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): Einschätzungen von Prof. Claudia Kemfert zur Energieabhängigkeit und Versorgungssicherheit.

  6. Clean Energy Wire / Verivox: Durchschnittliche Strompreise für Privathaushalte im 1. Quartal 2025.

  7. EU-Kommission / Eurostat: Daten zu LNG-Importen und US-Anteil an europäischen Gaslieferungen 2024–2025.

  8. WirtschaftsWoche: Hintergrundbericht zu PCK Schwedt, Treuhandverwaltung und Energieversorgung Ostdeutschlands.

  9. WELT: Reportage zu Merz’ Besuch im Weißen Haus und symbolischer Geschenkübergabe an Donald Trump.

  10. ZEIT Online: Politische Einordnung der deutsch-amerikanischen Energiebeziehungen und Sanktionspolitik.