Affenpocken auch Berlin und München betroffen

Affenpocken auch Berlin und München betroffen
Die Bundeswehr bestätigt in München einen ersten Fall von Affenpocken in Deutschland.

WHO-Experte erklärt Ansteckungsweg für Affenpocken

Affenpocken (Monkeypox): In Europa, Nordamerika und nun auch in Deutschland häufen sich Fälle von Humanen Affenpocken.

Berlin. Der Virologe Gerd Sutter forscht seit Jahrzehnten an Impfstoffen und beobachtet für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auch die Ausbreitung von verschiedenen Pockenviren. In einem Interview mit der Zeit spricht er seine Einschätzung zu den Affenpocken aus – und gibt dabei Entwarnung.

„Eine neue Pandemie haben wir nicht zu befürchten“, so Sutter: „Affenpockenviren sind seit Jahrzehnten bekannt, in Zentral- und Westafrika heimisch, dort werden regelmäßig Ausbrüche in Menschen beobachtet, aber die sind relativ klein. Affenpockenviren sind auch andere Erreger als die auf den Menschen spezialisierten Variolaviren, also die Menschenpocken.“

Der Virologe erklärt: „Affenpocken sind Zoonosen, also Krankheiten, die immer wieder vom Tier auf den Menschen übergehen und sich kaum zwischen Menschen übertragen. Da wir kaum mehr Immunität gegen die klassischen, seit über 40 Jahren in der Natur ausgerotteten Pockenviren haben, breiten sich aber auch die Affenpocken immer mal aus, aber lediglich punktuell. Das machen sie bei Weitem nicht so effizient wie die Grippe oder Sars-CoV-2.“

Es gebe zwei zugelassene Impfstoffe, aber Sutter meint, für die breite Bevölkerung sei eine Impfung nicht nötig. „Die meisten Experten rechnen damit, dass der Ausbruch jetzt nur kurz dauert und wenige Menschen betrifft. Um sich anzustecken, braucht es ja fast immer einen physischen, direkten Kontakt mit den Pockenläsionen, also dem Sekret aus den Pusteln, oder einen Schleimhautkontakt mit Infizierten.“

Trotzdem spricht er eine Warnung aus: Die Affenpocken seien „das nächste Beispiel, wie schnell sich in einer globalisierten Welt Erreger ausbreiten können.“ Man müsse sich „in Zukunft noch besser darauf vorbereiten, dass immer wieder neue Viren als Krankheitserreger auftauchen können.“

Berlin bestätigt zweiten Affenpocken-Fall

21. Mai, 16.54 Uhr: In Berlin sind zwei Fälle von Affenpocken bestätigt worden. Das teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit am Samstag mit. Der Zustand der beiden Patienten sei stabil. Derzeit liefen die Ermittlungen zu Kontaktpersonen. Ob es sich um den west- oder zentralafrikanischen Virusstamm handelt, soll eine Sequenzierung ergeben. „Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Tagen eventuell noch weitere Infektionen registriert werden.“

Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) teilte mit, es bestehe kein Grund zur Panik, aber Grund zur Vorsicht, da viele wissenschaftliche Erkenntnisse über die Krankheit noch vorläufig seien. „Expertinnen und Experten gehen jedoch davon aus, dass wir keine neue Pandemie fürchten müssen. Wir müssen jetzt aber schnell und konsequent handeln, um Infektionsfälle zu erkennen und einzudämmen.“

Affenpocken in Deutschland: Auch in Berlin wird ein Fall bestätigt

21. Mai, 13.47 Uhr: Auch in Berlin ist ein erster Fall von Affenpocken bestätigt worden. Davon berichten RTL und ntv, die dies von dem behandelnden Arzt des Betroffenen erfahren haben. Demnach leide der Mann leide unter leichten Symptomen wie Abgeschlagenheit, Muskelschmerzen und habe zwei der für die Erkrankung typischen Pocken, so der Infektiologe Heiko Jessen. Der Patient habe sich vermutlich am vergangenen Wochenende in einem Berliner Club angesteckt.

Nach eigenen Angaben betreut Jessen derzeit einen weiteren Verdachtsfall mit ausgeprägteren Symptomen – einer Pockenbildung am ganzen Körper. Jessen geht davon aus, dass das Robert-Koch-Institut (RKI) auch diesen Fall im Laufe des Tages bestätigen wird. Jessen erwarte „für die nächste Woche eine Häufung der Fälle in Berlin“.

Münchner Affenpocken-Patient leidet an milderer Variante

21. Mai, 12.41 Uhr: Bei dem ersten in Deutschland nachgewiesenen Fall von Affenpocken leidet der Patient an der milderen westafrikanischen der zwei bekannten Virusvarianten. Das hat die Genom-Analyse des Erregers am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr ergeben, wie das bayerische Gesundheitsministerium am Samstag mitteilte. Das allgemeine Infektionsrisiko für die Bevölkerung werde vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) derzeit als gering erachtet.

Der aus Brasilien stammende Münchner Patient ist laut Robert Koch-Institut der erste Affenpocken-Fall in Deutschland.

Affenpocken-Fall: NRW geht Hinweisen auf mögliche Kontakte nach

21. Mai, 10.23 Uhr: In Nordrhein-Westfalen liegen nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums Hinweise „auf mögliche Kontakte von Personen mit dem Affenpockenvirus“ vor. Diesen Hinweisen werde nachgegangen, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Das Landeszentrum für Gesundheit stehe in engem Austausch mit dem Ständigen Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger.

„Die Situation wird genau beobachtet; die Ärzte sowie die Gesundheitsämter werden um verstärkte Wachsamkeit gebeten“, ergänzte der Ministeriumssprecher. Eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland werde nach derzeitigen Erkenntnissen vom Robert Koch-Institut als gering eingeschätzt.

21. Mai, 10.13 Uhr: Mit der zu beobachtenden Häufung handle es sich bei den Affenpocken bereits um eine Epidemie – es sei jedoch „sehr unwahrscheinlich, dass diese Epidemie lange dauern wird“, sagte Fabian Leendertz, Gründungsdirektor des Helmholtz Instituts für One Health (HIOH) in Greifswald und Leiter der Projektgruppe Epidemiologie hochpathogener Erreger am Robert Koch-Institut (RKI). Die Fälle seien über Kontaktverfolgung gut einzugrenzen und es gebe Medikamente sowie wirksame Impfstoffe, die eingesetzt werden könnten.

Dringend nötig seien mehr Daten, um verstehen zu können, ob und wie die erfassten Fälle zusammenhängen, so Leendertz. Wichtig sei auch die Entzifferung des Erbguts von Virenmaterial aus Proben von Betroffenen, um zu prüfen, ob sich der Erreger verändert hat – etwa in Richtung besserer Übertragbarkeit.

 

dpa, Foto: Systembild © IStock