Droht ein NATO-Austritt der Slowakei?

Slowakei droht mit NATO-Austritt: Robert Fico attackiert Verteidigungsausgaben
Ein politisches Beben vor dem NATO-Gipfel
Wenige Tage vor dem wichtigen NATO-Gipfel in Den Haag sorgt der slowakische Premier Robert Fico für diplomatischen Sprengstoff: In einem Facebook-Post droht er mit dem Austritt seines Landes aus dem Bündnis sollte die NATO künftig auf fünf Prozent Verteidigungsausgaben bestehen. Für ein Land wie die Slowakei, so Fico, sei das schlicht „absurd“.
Doch was steckt hinter dieser dramatischen Eskalation? Ein echtes Drohpotenzial oder innenpolitisches Theater? Und wie reagieren Europa und die NATO-Partner?
NATO-Beitrag „wie in einem Golfclub“?
In seiner Botschaft auf Facebook verglich Fico die NATO mit einem elitären Golfclub. „Entweder wir zahlen den neuen Mitgliedsbeitrag sieben Milliarden Euro oder wir verlassen den Club“, schrieb er provokant. Gemeint ist das von NATO-Generalsekretär Mark Rutte angestrebte Ziel, die Militärausgaben der Mitgliedsstaaten bis 2032 auf fünf Prozent des BIP zu erhöhen.
Die Slowakei erreichte seit 2022 immerhin das Zwei-Prozent-Ziel doch fünf Prozent? „Absolut absurd“, so Fico. Das Land habe diese Mittel nicht. Neutralität sei langfristig günstiger. Die Gelder wolle er lieber in Straßen, Krankenhäuser oder duale Projekte investieren.
Neutralität statt Bündnistreue?
Ficos Forderung klingt zunächst wie ein Befreiungsschlag doch sie birgt Sprengkraft. Immerhin ist die Slowakei seit 2004 NATO-Mitglied. Seit dem Ukraine-Krieg galt das Land als verlässlicher Partner des Westens. Doch mit Ficos Rückkehr ins Amt 2023 änderte sich der Kurs radikal: Die Militärhilfe für Kiew wurde gestoppt, der Ton gegenüber Brüssel und Washington rauer.
Nun stellt Fico offen infrage, ob sein Land überhaupt noch zum Verteidigungsbündnis gehört eine Haltung, die vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre.
Kritik sogar aus den eigenen Reihen
Doch Fico steht nicht allein auf dem politischen Parkett und schon gar nicht unangreifbar. Selbst sein Parteifreund, Präsident Peter Pellegrini, kritisierte den Vorstoß scharf: Fico sei ein „Meister der Ablenkung“, der die Öffentlichkeit alle paar Wochen mit einem neuen Thema beschäftige, ohne konkrete Ergebnisse.
Die Kosten für eine Neutralität, warnte Pellegrini, könnten für die Slowakei weit höher liegen als die NATO-Mitgliedschaft. Auch in Brüssel und Berlin wächst die Sorge vor einer weiteren Destabilisierung innerhalb des Bündnisses vor allem, wenn andere populistische Regierungen Ficos Kurs folgen sollten.
Zwischen Pragmatismus und Populismus
Ficos Botschaft trifft einen Nerv und das nicht nur in der Slowakei. Die Debatte um Verteidigungsausgaben tobt in vielen NATO-Staaten, auch in Deutschland. Doch ein drohender Austritt, selbst nur rhetorisch ins Spiel gebracht, stellt die Geschlossenheit des Westens auf eine harte Probe.
Was folgt, ist eine Zerreißprobe zwischen sicherheitspolitischem Ernst und politischem Kalkül. Während Generalsekretär Rutte um Geschlossenheit wirbt, spielen einzelne Regierungschefs mit dem Feuer.
Ein Warnschuss oder mehr?
Ob Ficos Worte bloß politisches Theater oder reale Bedrohung sind, bleibt offen. Doch der Moment ist brisant: Der NATO-Gipfel steht vor der Tür, die Welt blickt auf das Bündnis. In dieser Lage ein Austrittsszenario zu formulieren, ist nicht nur mutig es ist brandgefährlich.
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- Nachrichtenagentur AFP