Selenskyj: Wie ernst ist der Friedenswille?

Selenskyj: Wie ernst ist der Friedenswille?
Selenskyj trifft Trump in Florida © Presse.Online

Selenskyj trifft Trump in Florida: Sicherheitsgarantien, Territorien und die offene Friedensfrage

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist am Samstagabend in Florida eingetroffen und trifft dort am Sonntagabend deutscher Zeit US-Präsident Donald Trump. Das Gespräch gilt als politisch brisant: Es geht um Wege aus dem russischen Angriffskrieg und um die Frage, wie belastbar ein möglicher Frieden wäre.

Was über das Treffen bekannt ist

Trump empfängt Selenskyj um 13.00 Uhr Ortszeit (19.00 Uhr MEZ) in seiner Residenz Mar-a-Lago. Das Treffen wurde vom Weißen Haus offiziell bestätigt, hat jedoch keinen formellen Staatsbesuchscharakter. Inhaltlich stehen ein möglicher Waffenstillstand und Eckpunkte einer Friedensregelung auf der Agenda. Selenskyj hatte zuvor in Kanada Gespräche geführt und europäische Partner über seine Positionen informiert.

Die Position der Ukraine: Sicherheit vor allem

Kiew bringt einen 20-Punkte-Plan ein, den Selenskyj als Grundlage für Verhandlungen bezeichnet. Kernforderung sind verlässliche Sicherheitsgarantien gegen künftige russische Angriffe nach dem Vorbild von Artikel 5 der Nato. Zudem pocht die Ukraine auf den Erhalt einer schlagkräftigen Armee von rund 800.000 Soldaten.

In territorialen Fragen signalisiert Selenskyj begrenzte Kompromissbereitschaft, zieht aber klare rote Linien. Ein Diktatfrieden komme nicht infrage. Diskutiert werden ein Einfrieren der Kämpfe entlang der aktuellen Front oder eine entmilitarisierte Wirtschaftszone in Teilen des Donbass. Auf einen Nato-Beitritt oder die Rückgabe der annektierten Krim verzichtet Selenskyj derzeit bewusst in der öffentlichen Kommunikation.

Die US-Sicht: Vermittler mit Vorbehalten

Washington sieht sich als Vermittler, agiert jedoch vorsichtig. Trump betonte mehrfach, kein Plan könne ohne seine Zustimmung umgesetzt werden. Öffentlich äußert er sich widersprüchlich: Er spricht von Friedenschancen, dämpft aber zugleich Erwartungen aus Kiew.

Unklar bleibt, ob die USA bereit wären, langfristige militärische Garantien zu übernehmen. In bisherigen US-Überlegungen ist von entmilitarisierten Zonen im Osten der Ukraine und einer gemeinsamen Nutzung des von Russland besetzten Atomkraftwerks Saporischschja die Rede – Vorschläge, die in Kiew auf Skepsis stoßen.

Zentrale Streitpunkte

Die größten Konfliktlinien verlaufen entlang dreier Fragen: Territorien, Sicherheitsgarantien und Zukunft der besetzten Gebiete. Für die Ukraine sind verbindliche Zusagen existenziell, während die USA feste Verpflichtungen bislang vermeiden. Hinzu kommt die offene Frage des Wiederaufbaus. Selenskyj beziffert die Kosten auf bis zu 800 Milliarden Dollar und wirbt für einen gemeinsamen Fonds mit den USA.

Russlands Haltung: Keine Bewegung

Russland hält an seinen Maximalforderungen fest. Präsident Wladimir Putin erklärte zuletzt, Moskau werde seine Ziele notfalls militärisch erreichen. Dazu zählt der vollständige Rückzug ukrainischer Truppen aus dem Donbass. Westliche Truppen in der Ukraine lehnt Russland kategorisch ab und bezeichnet sie als legitime Ziele. Parallel zu den Gesprächen setzt Moskau seine Angriffe fort: Allein in dieser Woche habe Russland mehr als 2.100 Drohnen, rund 800 Gleitbomben und fast 100 Raketen eingesetzt, sagte Selenskyj.

Europas Rolle: Rückhalt ohne Sitz am Tisch

Formell ist Europa nicht beteiligt, politisch jedoch zentral. Bundeskanzler Friedrich Merz informierte Selenskyj gemeinsam mit weiteren Partnern über die Unterstützung der sogenannten Berlin-Gruppe. Auch Nato und EU signalisierten Rückhalt für einen gerechten Frieden. Ob dieser europäische Schulterschluss Washington tatsächlich beeinflusst, bleibt offen.

Analyse: Warum dieses Treffen entscheidend ist

Das Gespräch in Florida markiert einen möglichen Wendepunkt. Erstmals seit Monaten treffen die Interessen von Kiew, Washington und Europa in einem engen Zeitfenster aufeinander. Realistisch erscheint kurzfristig eher ein Waffenstillstand als ein umfassender Friedensvertrag. Für Europa steht viel auf dem Spiel: Ein instabiler Kompromiss könnte neue Eskalationen nach sich ziehen mit Folgen für Sicherheit, Energiepreise und politische Stabilität.

Fazit:

Das Treffen zwischen Selenskyj und Trump ist ein diplomatischer Testlauf. Es zeigt, wie weit die USA bereit sind zu gehen und wie viel Risiko die Ukraine tragen soll. Nach dem Gespräch will Selenskyj seine europäischen Partner informieren. Klar ist: Ohne belastbare Garantien bleibt jeder Frieden fragil.

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FAQ

Wann findet das Treffen statt?
Am Sonntag um 13.00 Uhr Ortszeit in Florida (19.00 Uhr MEZ).

Warum ist das Treffen kein Staatsbesuch?
Es findet in informellem Rahmen in Trumps Residenz statt, nicht im Weißen Haus.

Was fordert die Ukraine konkret?
Sicherheitsgarantien, territoriale Souveränität und Unterstützung beim Wiederaufbau.

Welche Rolle spielen die USA?
Die USA sehen sich als Vermittler, vermeiden aber bislang feste Verpflichtungen.

Ist ein Frieden realistisch?
Kurzfristig eher ein Waffenstillstand, langfristig bleiben viele Fragen offen.

Quellen:

  • Offizielle Mitteilungen des Weißen Hauses zum bilateralen Treffen zwischen den USA und der Ukraine

  • Öffentliche Erklärungen und Reden des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj

  • Stellungnahmen des US-Präsidenten Donald Trump und seines außenpolitischen Umfelds

  • Verlautbarungen der ukrainischen Präsidialverwaltung zu Friedens- und Sicherheitsplänen

  • Aussagen russischer Regierungsvertreter und des Präsidenten Wladimir Putin

  • Berichte und Lageeinschätzungen internationaler Nachrichtenagenturen (u. a. Reuters, Associated Press, AFP)

  • Veröffentlichungen und Briefings von NATO und Europäischer Union

  • Aussagen europäischer Staats- und Regierungschefs im Kontext der sogenannten Berlin-Gruppe

  • Öffentliche Zahlen und Lageberichte der ukrainischen Regierung zu russischen Angriffen

  • Hintergrundanalysen westlicher Sicherheits- und Verteidigungsexperten aus öffentlich zugänglichen Fachmedien

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