Habeck vs. Grüne: Streit um die Mitte

Grüne Spitze widerspricht Habeck: Streit um die politische Mitte
Robert Habeck hat sich mit klaren Worten aus der Politik verabschiedet und damit eine Debatte ausgelöst. Während er die bürgerliche Mitte in Deutschland für bedroht hält, widerspricht die Grünen-Spitze entschieden.
Habecks Diagnose: Mitte im Niedergang
Im Interview mit der taz warnte der ehemalige Vizekanzler, die politische Mitte sei auf dem Rückzug. Seine Idee sei es stets gewesen, die Grünen als „progressiv-liberale Kraft“ im Zentrum der Gesellschaft zu verankern. Doch diese Strategie sei gescheitert. Habeck fürchtet, dass die Volksparteien zwischen den Extremen zerrieben werden womöglich schon nach der nächsten Bundestagswahl. „Dann ist es vorbei mit den Volksparteien, und zwar final“, so Habeck.
Er verwies dabei auch auf das Ende der Ampel-Koalition und die gescheiterten Gespräche über Schwarz-Grün. Aus seiner Sicht habe die Union unter Führung von Friedrich Merz, Markus Söder, Jens Spahn und Julia Klöckner jede Annäherung bewusst blockiert.
Dröge widerspricht: „Die Mitte lebt“
Anders sieht es Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. Sie betonte im Gespräch mit dem Spiegel, die politische Mitte sei keineswegs verschwunden. „Gerade jetzt, wo Populisten versuchen, die Gesellschaft auseinanderzutreiben, sollten wir die Idee der Mitte nicht aufgeben“, sagte sie. Stattdessen sei es Aufgabe der Grünen, diese Mitte zu verteidigen.
Für Dröge bedeutet das: konkrete soziale Politik. Sie verwies etwa auf den Ausbau von Kita-Plätzen als Beispiel für Projekte, die breite Zustimmung fänden. Die CDU definiere nicht, was Mitte sei. „Das ist Unsinn“, so Dröge. Die Mitte entstehe aus gemeinsamen Werten wie Demokratie und sozialer Sicherheit.
Eine Partei zwischen Anspruch und Realität
Der Streit verweist auf ein zentrales Dilemma der Grünen: Wollen sie stärker das bürgerliche Lager ansprechen – wie Habeck es versuchte oder sich klarer auf linke Kernforderungen konzentrieren?
Schon im Wahlkampf 2024 hatte Habeck dafür geworben, die „Merkel-Lücke“ zu füllen und die Grünen als neue Volkspartei aus der Mitte heraus zu positionieren. Doch nach seinem Rückzug scheint sich die Partei eher auf klassische soziale Themen zu konzentrieren.
Habecks Abschied und Zukunftspläne
Trotz der Differenzen lobte Habeck die aktuelle Grünen-Spitze: Sie sei „in der Oppositionsrolle angekommen“ und habe eine solide Aufstellung für die Zukunft. Für sich selbst zieht er einen klaren Schlussstrich: Politik sei nichts, das man „auf einer halben Pobacke“ mache.
Habeck wechselt nun in die Wissenschaft zunächst als Gastforscher am Dänischen Institut für Internationale Studien in Kopenhagen, später an die University of California in Berkeley.
Fazit
Die Kontroverse zeigt: Die Grünen ringen nicht nur mit der Opposition, sondern auch mit sich selbst. Zwischen Habecks Vision einer „bürgerlichen Mitte“ und Dröges Betonung klassisch linker Themen steht eine Grundsatzfrage, die den Kurs der Partei in den kommenden Jahren prägen wird.
🔔 Folge @Presse.Online für fundierte Analysen, starke Storys & die Themen, über die Deutschland morgen spricht.
- tagesschau: Er will die „Merkel-Lücke“ füllen