Bundeswehr-Streit: Reicht Freiwilligkeit aus?

Bundeswehr-Streit: Reicht Freiwilligkeit aus?
Die Bundesregierung ringt um den richtigen Weg für die Bundeswehr © Presse.Online

Reicht Freiwilligkeit für die Bundeswehr? Koalition im Streit über Wehrpflicht

Die Bundesregierung steht vor einer zentralen Frage: Reicht Freiwilligkeit, um die Bundeswehr personell zu stärken oder braucht es wieder eine Pflicht? Zwischen SPD und Union droht ein neuer Konflikt über den Wehrdienst.

Union fordert Rückkehr zur Wehrpflicht

CDU und CSU stellen die Freiwilligkeit offen in Frage. Parteichef Friedrich Merz erklärte in der ARD-Sendung „Caren Miosga“:

„Wir wollen das jetzt mit der SPD zunächst freiwillig versuchen hinzubekommen. Ich bin skeptisch. Wenn es uns gelingt umso besser.“

Die Bundeswehr benötigt laut Nato-Vorgaben rund 80.000 zusätzliche aktive Soldaten, um die Zielgröße von 260.000 Soldaten zu erreichen. Merz plädiert dafür, notfalls über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht nachzudenken oder sogar über ein allgemeines gesellschaftliches Pflichtjahr, das auch Frauen einbeziehen würde.

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht Handlungsbedarf:

„An der Wehrpflicht führt kein Weg vorbei. Halbe Sachen reichen nicht mehr. Eine Wischiwaschi-Wehrpflicht hilft niemandem“, sagte er der Bild am Sonntag.

Er warnte, dass ohne klare Definitionen in wenigen Jahren dieselbe Diskussion erneut beginne „dann sei es möglicherweise zu spät“, so Söder im ARD-Bericht aus Berlin.

SPD setzt auf Freiwilligkeit

Ganz anders bewertet die SPD die Lage. Der Gesetzentwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sieht vor, zunächst auf Freiwilligkeit und finanzielle Anreize zu setzen. Junge Menschen sollen sich „aus Überzeugung und Perspektive“ für den Dienst entscheiden.

SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf pocht auf den vereinbarten Kurs:

„Wir haben uns in der Koalition gemeinsam auf einen klaren Weg verständigt: Der neue Wehrdienst wird freiwillig sein. Punkt.“

Er warnte davor, die Debatte ständig neu anzustoßen:

„Wer wieder und wieder Debatten aufwärmt, schwächt die Glaubwürdigkeit der Politik und verunsichert junge Menschen.“

Auch SPD-Verteidigungsexpertin Siemtje Möller mahnte zur Sachlichkeit: Verschiebungen der Bundestagslesung um eine Woche seien kein Politikum, sondern „übliche Abläufe“. Die SPD gehe davon aus, dass das Gesetz noch vor Jahresende verabschiedet werde.

Zweifel am Erfolg des Freiwilligenmodells

Kritiker bezweifeln jedoch, dass die freiwillige Lösung die benötigte Zahl neuer Rekruten bringt. Henning Otte (CDU), Wehrbeauftragter des Bundestages, äußerte sich in der Rheinischen Post skeptisch:

„Es mag löblich sein, auf Freiwilligkeit zu setzen. Allerdings gibt es erhebliche Zweifel daran, ob dies wirklich gelingen kann und der Lage angemessen ist.“

Auch innerhalb der Bundeswehr wird diskutiert, ob das Interesse junger Menschen an militärischem Dienst realistisch eingeschätzt wird trotz besserer Bezahlung und moderner Ausrüstung.

Fazit

Die Frage, ob Freiwilligkeit genügt oder eine neue Pflicht kommen muss, wird zum Testfall für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und für die Einigkeit der Regierung. Während die SPD an ihrem Kurs festhält, wächst in der Union der Druck auf eine Rückkehr zur Wehrpflicht.

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Quellen:

  • ARD-Sendung „Caren Miosga“ (05.10.2025)

  • Bild am Sonntag (05.10.2025)

  • Rheinische Post (06.10.2025)

  • Stern (06.10.2025)

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