Spanien will Corona wie Grippe behandeln

Spanien will Corona wie Grippe behandeln
Wenn die Stimme der Vernunft siegt

Großbritannien lässt Corona Maßnahmen auslaufen

Tschechien schafft die Regierung die geplante Impfpflicht gleich wieder ab

Großbritannien

London – Der britische Premierminister Boris Johnson will die verpflichtende Isolierung für Corona­infi­zierte in England in naher Zukunft vollständig abschaffen. „Es wird bald die Zeit kommen, in der wir die gesetzliche Verpflichtung zur Isolierung abschaffen können, genauso wie Menschen sich nicht gesetzlich isolieren müssen, wenn sie die Grippe haben“, sagte Johnson gestern im Londoner Unterhaus.

Die aktuellen Regelungen laufen zum 24. März aus. Wenn möglich, wolle er sie schon früher abschaffen, sagte Johnson. Erst vor wenigen Tagen hatte seine Regierung die Isolation auf fünf volle Tage verkürzt. Johnson kündigte außerdem die Aufhebung aller noch in England geltenden Coronabeschränkungen an.

Tschechien

Eigentlich sollte sie für Personen ab 60 Jahren und auch für einige Berufsgruppen wie Pflege- und Gesundheitspersonal gelten. Doch die Corona-Impfpfplicht wird in Tschechien nicht kommen. Das verkündete der neue Ministerpräsident Petr Fiala in Prag und versicherte, dass es unter seiner Regierung auch keine weiteren Vorstöße für eine Corona-Impfpflicht geben werde. Als Grund nannte er, dass man die Gräben in der Gesellschaft nicht weiter vertiefen wolle.

Proteste gegen Impfpflicht

Beschlossen hatte die Einführung des Stichzwangs im Dezember die Vorgängerregierung unter Andrej Babis. Es war eine der letzten Handlungen der Regierung gewesen und hätte eigentlich ab März in Kraft treten sollen. Dagegen hatte es breite gesellschaftliche Proteste gegeben. Denn neben Senioren und Gesundheitsberufen wären auch Polizisten, Feuerwehrleute oder Militärangehörige zur Nadel gezwungen worden. In linken tschechischen Zeitungen wird der Ministerpräsident für diesen Schritt hingegen kritisiert. Er würde trotz der vorherrschenden Omikron-Variante von einem zu optimistischen Zukunftsszenario ausgehen. Zumal bisher nur rund 63 Prozent der Bevölkerung als “immunisiert” gelten, also weniger als der EU-Schnitt.

System bricht zusammen, wenn Menschen Widerstand leisten

Das dürfte auch ein Grund der neuen Regierung gewesen sein, die Behandlung mit den zweifelhaften Gen-Therapien abzublasen. Denn es hätte vor allem auch kritische Bereiche betroffen und in den USA war in den letzten Monaten recht gut zu bemerken, dass das System schnell an seine Grenzen kommt, wenn die Menschen wirklich Widerstand leisten. Einige US-Bundesstaaten mussten etwa die Nationalgarde in Krankenhäuser entsenden, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können. Auch Schulbuse fielen reihenweise aus, die Müllabfuhr kam nicht mehr oder man musste länger auf Polizei und Feuerwehr warten.

Spanien

Nach der fünften Welle soll das Virus wie die Grippe behandelt werden und das Land zur Normalität zurückkehren.

Die spanische Regierung plant, eigenen Angaben nach, die Strategie im Management von Covid-19 zu verändern. Zwar gibt es derzeit neue Rekorde bei den Infektionszahlen, doch die Verläufe sind milder und auch die Sterblichkeit in der aktuellen Omikron-Welle sei niedrig, erklärte der spanische Regierungschef Pedro Sanchez zuletzt erleichtert.

Normalisieren und Überwachen

Wie die Nachrichtenagentur EFE berichtete, würde sich mit der Grippalisierung von Covid zum einen ändern, wie die Fallzahlen zustande kommen. Covid-Fälle müssten dann nicht mehr einzeln dokumentiert und gemeldet werden, sondern ausgewählte Ärzt:innen und Kliniken würden einzelne Fälle melden und die Gesamtzahl der Infektionen für das Land würden dann hochgerechnet – so wie es bei anderen Krankheiten bereits der Fall ist.

Sanchez will das Konzept auch auf EU-Ebene diskutieren: „Es handelt sich um eine Debatte, die wir bereits auf EU-Ebene anzustoßen versuchen; die Gesundheitsministerin (Carolina Darias) hat sie bei verschiedenen europäischen Gesundheitsministern angesprochen“, sagte Sánchez in einem Interview am Montag mit den spanischen Radiosender Cadena SER.

Darauf angesprochen sagte der deutsche Kanzler Olaf Scholz am Montag in Madrid, die Pandemie werde nicht in einem Land alleine beendet. Spanien habe eine hohe Impfquote, das sei „sehr vorbildlich“, so Scholz. Es sei jetzt aber auch vorbildlich. In Deutschland konzentriere man sich derzeit auf die Drittimpfung und auf Abstandsregelungen.

Das „kluge Manövrieren“ durch die Krise vereine Deutschland und Spanien.

Wie entwickelt sich die Krankheit?

In Spanien wurden einige Protokoll bereits gelockert: So müssen sich Personen ohne Symptome ab sofort nicht mehr auf das Coronavirus testen lassen, die Quarantäneregelungen wurden gelockert. Doch die Pandemie ist auch in Spanien trotz einer Impfrate von 80,6 Prozent längst nicht vorbei. Wegen der hohen Anzahl an Neuinfektionen rechnet man auch in dem Land auf der iberischen Halbinsel mit bald überfüllten Krankenhäusern und Problemen für die kritische Infrastruktur.

Natürlich muss bei dem Plan der spanischen Regierung auch die Entwicklung des Virus eine Rolle spielen. Sollte eine neue Variante auftauchen, die das Infektionsgeschehen erneut auf den Kopf stellt, dürfte Madrid an seinen Plänen noch einmal justieren. Sanchez sagte am Montag, es ginge darum, einen Plan für nach der Pandemie parat zu haben.

Bis dahin liegt die Entscheidung über den Strategie-Wechsel aber bei den Verantwortlichen des spanischen Zentrums für die Koordinierung von Warnungen und gesundheitlichen Notfällen (CCAES) sowie dem zuständigen Parlamentsausschuss.

 

EFE/WB/DPA/PSM/Presse.Online, Foto: Systembild für Grippe © IStock