Etappensieg für Elon Musks Plattform X?

Justiz unter Druck: Befangenheit im Prozess gegen X – Was steckt dahinter?
Im juristischen Schlagabtausch um die Herausgabe von Nutzerdaten hat das Berliner Landgericht einem Befangenheitsantrag der Musk-Firma X stattgegeben. Ein Richter, der zuvor zulasten von X entschieden hatte, wurde aus dem Verfahren entfernt. Der Grund: frühere Verbindungen zu einer klagenden Organisation und Likes auf deren Online-Beiträgen. Das Urteil, auf das sich Reuters beruft, könnte weitreichende Folgen für die Neutralität der Justiz haben.
Datenzugang für Forscher – Kampf um Transparenz
Im Kern des Verfahrens steht die Forderung von Democracy Reporting International (DRI) und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), unbeschränkten Echtzeit-Zugang zu öffentlichen Daten auf X rund um die bevorstehende Wahl zu erhalten. Trotz des erfolgreichen Befangenheitsantrags bleibt der ursprüngliche Beschluss bestehen: X muss die Daten liefern. Doch das Unternehmen könnte versuchen, diese Entscheidung in der Neuverhandlung am 27. Februar erneut zu kippen.
Für DRI und GFF ist das ein Problem. Sie benötigen die Daten bis zum 25. Februar – eine spätere Entscheidung könnte ihren Nutzen erheblich mindern. Damit droht eine juristische Hängepartie mit potenziellen Folgen für Wahlbeobachtung und Transparenz.
X vs. Bundesregierung: Angriff auf die Datenpolitik
Elon Musks Unternehmen geht noch einen Schritt weiter: Kurz vor der Wahl kündigte X an, die Bundesregierung zu verklagen. Hintergrund sind die aus Sicht des Konzerns unverhältnismäßig häufigen Auskunftsersuchen Deutschlands. Laut X beziehen sich rund 90 Prozent der Anfragen auf Meinungsäußerungen. Der Vorwurf: Die Bundesregierung nutze rechtliche Mittel, um die Plattform unter Druck zu setzen.
Doch Unklarheit herrscht über die Details: Weder das Bundesverfassungsgericht noch das Bundesverwaltungsgericht haben eine entsprechende Klage vorliegen. Auch das Landgericht Berlin hält sich bedeckt. Dennoch birgt der Vorstoß politische Sprengkraft – insbesondere im Kontext des europäischen Digital Services Act (DSA), der Internetplattformen zu strengeren Maßnahmen gegen Hassrede verpflichtet. Bei Verstößen drohen Strafen in Milliardenhöhe.
Musk unter Druck – Ermittlungen und Kontroversen
Während X gegen staatliche Eingriffe klagt, laufen mehrere EU-Ermittlungen gegen die Plattform. Der Verdacht: Unzureichende Maßnahmen gegen Hassrede und Desinformation. Besonders brisant ist Musks jüngste Nähe zur AfD. Sein öffentliches Gespräch mit Alice Weidel, der Kanzlerkandidatin der als rechtsextrem eingestuften Partei, sorgte für Aufsehen.
Gleichzeitig machte Musk mit persönlichen Angriffen gegen deutsche Spitzenpolitiker Schlagzeilen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte er einen „antidemokratischen Tyrannen“, Bundeskanzler Olaf Scholz wurde ebenfalls zur Zielscheibe seiner verbalen Attacken.
Ein Präzedenzfall mit weitreichenden Folgen?
Der Fall wirft grundlegende Fragen zur Unabhängigkeit der Justiz und zur Transparenz digitaler Plattformen auf. Während X sich gegen staatliche Einflussnahme wehrt, geht es auf EU-Ebene um strengere Kontrollen. Die kommenden Wochen könnten nicht nur über den Datenzugang, sondern auch über die zukünftige Regulierung sozialer Netzwerke entscheiden. Bleibt X standhaft – oder wird der politische und rechtliche Druck zu groß?
- Nachrichtenagentur Reuters