Vilnius setzt auf umstrittene Waffen zur Landesverteidigung

Litauen steigt aus Streumunition-Konvention aus: Strategische Neuausrichtung in der Verteidigung
Litauen hat sich offiziell aus der internationalen Konvention zum Verbot von Streumunition zurückgezogen. Das baltische Land, das aufgrund der russischen Aggression in der Ukraine seine Verteidigungspolitik überprüft, sieht in diesen Waffen ein strategisches Mittel zur Landesverteidigung. Die Entscheidung stößt international auf Kritik, während Vilnius den Schritt als sicherheitspolitisch notwendig erachtet.
Rückzug aus dem Streumunition-Verbot: Hintergrund der Entscheidung
Mehr als 120 Staaten, darunter Deutschland, haben die Konvention über Streumunition unterzeichnet. Dieses Abkommen verbietet Erwerb, Einsatz und Herstellung der international geächteten Waffen. Litauen war dem Übereinkommen 2008 beigetreten, hat sich jedoch im vergangenen Sommer durch eine Parlamentsentscheidung von dem Vertrag distanziert.
Verteidigungsministerin Dovile Sakaliene betonte im litauischen Radio, dass es bei der Entscheidung nicht allein um die Waffen selbst gehe. Vielmehr wolle man damit eine klare strategische Botschaft aussenden: Litauen sei im Ernstfall bereit, „alle Mittel zur Verteidigung einzusetzen“. Der Rückzug aus der Konvention solle daher als Ausdruck nationaler Wehrhaftigkeit verstanden werden.
Was ist Streumunition und warum ist sie umstritten?
Streumunition umfasst Raketen und Bomben, die in der Luft über dem Ziel explodieren und dabei zahlreiche kleinere Sprengkörper freisetzen. Diese Waffen sind besonders umstritten, da viele der Submunitionen nicht detonieren und als Blindgänger zur Gefahr für die Zivilbevölkerung werden.
Humanitäre Organisationen warnen vor den langfristigen Folgen solcher Blindgänger, die noch Jahrzehnte nach einem Konflikt Menschenleben fordern können. Trotz der Kritik setzen einige Staaten weiterhin auf diese Waffentechnologie.
Baltischer Kontext: Warum Litauen diesen Schritt geht
Litauen begründet die Entscheidung mit der geopolitischen Lage. Als direkter Nachbar Russlands und Belarus sieht sich das Land einer erhöhten Bedrohung ausgesetzt. Die Regierung argumentiert, dass Streumunition ein effektives Mittel zur Landesverteidigung darstelle. Zudem verweist Vilnius darauf, dass außer Norwegen kein Land mit einer direkten Grenze zu Russland die Konvention unterzeichnet habe.
Litauen grenzt an die russische Exklave Kaliningrad sowie an Belarus, einen engen Verbündeten Moskaus. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges betrachtet die Regierung in Vilnius die sicherheitspolitische Lage als angespannt und sieht den Austritt aus der Konvention als Teil einer umfassenden Abschreckungsstrategie.
Internationale Reaktionen und mögliche Folgen
Die Entscheidung Litauens dürfte auf internationaler Ebene nicht ohne Konsequenzen bleiben. Deutschland und andere EU-Staaten haben sich klar gegen den Einsatz von Streumunition ausgesprochen. Auch die Vereinten Nationen und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen könnten den Schritt kritisieren.
Ob Litauen tatsächlich Streumunition erwerben und einsetzen wird, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass das Land seine Verteidigungsstrategie neu ausrichtet und bereit ist, umstrittene Mittel zur Abschreckung in Erwägung zu ziehen.
Sicherheitsinteressen versus humanitäre Bedenken
Litauens Austritt aus der Streumunition-Konvention verdeutlicht die Spannungen zwischen nationalen Sicherheitsinteressen und humanitären Verpflichtungen. Während Vilnius auf Abschreckung und Verteidigungsfähigkeit setzt, bleibt die internationale Kritik an der umstrittenen Waffentechnologie bestehen. Wie sich diese Entscheidung langfristig auf die europäische Sicherheitsarchitektur auswirkt, bleibt abzuwarten.
- Nachrichtenagentur APA