ZDF: Nachricht oder Meinung?

Urteil des Landgerichts Hamburg: ZDF-Formulierung als Meinungsäußerung
In dem Verfahren ging es um eine Berichterstattung des ZDF über eine zur Richterin am Bundesverfassungsgericht vorgeschlagene Juristin und andere Medien, die diese zitiert hatten unter dem Vorwurf „Falschmeldung“. Das Landgericht Hamburg stellte in seinem Beschluss fest, dass die Verwendung des Begriffs „Falschmeldung“ durch das ZDF keine nachprüfbare Tatsachenbehauptung, sondern eine wertende Einordnung sei.
Damit erkennt das Gericht deutlicher als bisher: Wenn der öffentlich-rechtliche Sender andere Medien als „falsch“ bezeichnet, dann bedeutet das nicht zwingend, dass objektiv nachgewiesen wurde, dass die Meldung falsch war sondern dass die Redaktion sie für falsch hält.
Aus dieser Entscheidung folgt eine zentrale Aussage die Rolle des ZDF als Nachrichtenmedium steht infrage.
Hintergrund und Kontext
Wer, was, wann?
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Kläger war eine Juristin-Kandidatin sowie Medien, die sie zitierten.
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Das ZDF hatte über die Kandidatin berichtet und andere Medien als „Falschmeldung“ bezeichnet.
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Das Urteil des Landgerichts Hamburg ist im Herbst 2024/2025 ergangen. Cicero Online
Was steckt hinter dem Vorgang?
Entscheidend war nicht, ob die anderen Medien objektiv falsch lagen, sondern wie das ZDF die Worte bewertete und wie das Gericht diese Bewertung rechtlich einordnete. Damit trifft das Urteil ein Fundament in der Medien- und Rundfunk-Debatte: Das öffentlich-rechtliche Angebot soll der Grundversorgung dienen neutral, ausgewogen, berichtend. Hier aber stellt das Gericht fest: Es handelt sich um eine Meinungsäußerung des Senders.
Zudem ist dies kein Einzelfall vergleichbare Entscheidungen gab es u. a. gegen die Redaktion von Correctiv sowie Beiträge des NDR.
Gesellschaftliche und politische Bedeutung
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Öffentlich-rechtliche Sender werden durch Gebühren finanziert. Daraus ergibt sich eine Erwartung: Sie informieren sachlich und nachprüfbar.
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Wenn nun ein Sender wie das ZDF bewertend statt berichtend spricht, berührt dies das Vertrauen der Zuschauer*innen, die Legitimität der Gebühren und den Kernauftrag des Rundfunks.
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Das Urteil wirft Fragen auf: Welche Anforderungen gelten an öffentlich-rechtliche Medien? Was heißt „Grundversorgung mit Nachrichten“? Wie viel Meinung darf ein Sender haben, der als Nachrichtenmedium wahrgenommen wird?
Reaktionen und Gegenpositionen
Aus der Senderseite lässt sich vermelden, dass Meinungs- und Werturteile im Journalismus zulässig sind insbesondere im Kommentar, in der Analyse oder in der Einordnung. Entscheidend sei, dass Zuschauer*innen erkennen könnten, dass es sich nicht um eine neutrale Tatsachenmeldung handelt.
Aus medienkritischer Perspektive wird das Urteil begrüßt als Schritt zur Transparenz: Öffentlich-rechtlich finanzierte Medien müssen klar zeigen, wann sie berichten und wann sie interpretieren und dürfen nicht beide Ebenen verschwimmen lassen.
Fazit & Handlungsempfehlung
Das Urteil des Landgerichts Hamburg stellt keine umfassende Abqualifizierung des ZDF dar wohl aber eine Verschiebung im Selbstverständnis: Der Sender darf nach Auffassung des Gerichts in bestimmten Fällen nicht mehr als neutrales Nachrichtenmedium auftreten, wenn er Werturteile wie „Falschmeldung“ formuliert.
Für Gebührenzahler*innen heißt das: Es lohnt sich, nicht nur zu konsumieren, sondern nachzufragen, ob Beiträge sachlich berichten oder eine redaktionelle Bewertung enthalten. Für Medienmacher gilt: Transparenz über die Linie und den Typ der Sendung (Nachricht vs. Kommentar) ist zentral.
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FAQ
Was genau hat das Gericht entschieden?
Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass die Formulierung „Falschmeldung“ im Beitrag des ZDF keine Tatsachenbehauptung gewesen sei, sondern eine Meinungsäußerung.
Bedeutet das Urteil, dass das ZDF überhaupt keine Nachrichten mehr senden darf?
Nein. Das Urteil besagt nicht, dass das ZDF keine Nachrichten mehr senden darf. Es weist darauf hin, dass in diesem konkreten Fall eine Formulierung als Meinung und nicht als Nachweis ausgelegt wurde.
Welche Konsequenzen hat das Urteil für die Gebührenfinanzierung öffentlich-rechtlicher Sender?
Indirekt könnten Zuschauer*innen das Vertrauen verlieren, wenn sie glauben, dass ein Sender vorwiegend Meinung statt Nachricht verbreitet. Ob rechtlich eine Gebührenreduktion folgt, hängt von weiteren Prüfungen ab (z. B. Erfüllung des Medienstaatsvertrags).
Welche Rolle spielt die Unterscheidung zwischen Nachricht und Meinung?
In der journalistischen Praxis ist wichtig: Nachrichten sollen möglichst sachlich und prüfbar sein; Meinungen hingegen kennzeichnen subjektive Bewertungen. Öffentlich-rechtliche Medien haben die zusätzliche Verpflichtung zur Ausgewogenheit und Transparenz.
Können andere Sender oder Medien von diesem Urteil profitieren?
Das Urteil schafft eine Orientierung, wie Gerichte Werturteils- vs. Tatsachenbehauptung unterscheiden. Medienkritiker*innen und Publizisten können sich bei der Beurteilung von Beiträgen auf diese Linie berufen.
Quellenangaben:
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Landgericht Hamburg, Beschluss zum Begriff „Falschmeldung“ im Kontext der ZDF-Berichterstattung über eine Richterkandidatin, Herbst 2024 / 2025.
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Tichys Einblick, Berichterstattung und juristische Einordnung des Urteils des Landgerichts Hamburg.
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Cicero Magazin, Hintergrundartikel zu journalistischer Verantwortung und Abgrenzung zwischen Nachricht und Meinung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
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Legal Tribune Online (LTO), Analyse zur juristischen Bewertung von Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen in Medienverfahren.
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Bundesverwaltungsgericht, anhängige Verfahren zur Überprüfung der Rundfunkgebührenpflicht und Einhaltung des Medienstaatsvertrags.
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Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil aus dem Jahr 2020 (Az. 6 U 36/20) zur Bewertung redaktioneller Werturteile bei Correctiv-Beiträgen.