Peine führt Arbeitspflicht für Geflüchtete ein

Peine führt Arbeitspflicht für Geflüchtete ein
Systembild: Landkreis beschließt Arbeitspflicht für Asylbewerber © Presse.Online

Arbeitspflicht für Geflüchtete in Peine: Ein Novum mit Hürden

Ein Landkreis sorgt für Aufsehen

In Peine hat der Kreistag eine Entscheidung getroffen, die bundesweit Wellen schlägt: Geflüchtete sollen künftig verpflichtet arbeiten als erste Kommune in Niedersachsen. CDU und FDP stimmten zu, SPD und Grüne dagegen. Landrat Henning Weiß (SPD) warnt vor einer komplizierten Umsetzung.

„Die rechtlichen und bürokratischen Hürden sind schlichtweg zu hoch“, sagt Jan Arning vom Niedersächsischen Städtetag.

Was der Beschluss vorsieht

Geplant sind gemeinnützige Tätigkeiten etwa bei Tafeln, im Tierheim, auf Spielplätzen oder bei der Pflege öffentlicher Grünflächen. Diese Aufgaben dürfen jedoch keine regulären Jobs ersetzen.

Von den rund 850 Geflüchteten im Kreis gelten viele als ausgenommen: Minderjährige, Schwangere, Alleinerziehende oder Personen in Arbeit oder Integrationskursen. Der Landrat rechnet mit Kosten von rund 250.000 Euro für Aufwandsentschädigungen (80 Cent/Stunde), Fahrtkosten und Verwaltung.

Was das Gesetz zur Arbeitspflicht wirklich erlaubt

Rechtlich stützt sich die Entscheidung auf das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Dort heißt es, arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte müssen eine angebotene Arbeitsgelegenheit annehmen (§ 5 Abs. 4 AsylbLG).
Wer dies ohne triftigen Grund ablehnt, riskiert Leistungskürzungen (§ 1a AsylbLG).

Zugleich müssen Aufgaben im „öffentlichen Interesse“ liegen also z. B. Hilfstätigkeiten in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen.
Ein Gericht in Thüringen bestätigte 2024 eine solche Verpflichtung: Ein iranischer Asylbewerber hatte dagegen geklagt, nachdem er als IT-Helfer eingesetzt werden sollte – ohne Erfolg.

Warum die Umsetzung so schwierig wird

Bürokratische Grenzen

Die Verwaltung muss sicherstellen, dass keine regulären Jobs verdrängt werden ein enormer Prüfaufwand.

Begrenzter Teilnehmerkreis

Viele Geflüchtete sind aus rechtlichen oder familiären Gründen von der Pflicht ausgenommen.

Hohe Kosten

Die geschätzten 250.000 Euro belasten den Kreishaushalt. Organisation, Betreuung und Fahrtkosten sind zusätzliche Faktoren.

Politische Spannung

Während die CDU von einem „Schritt zur Integration“ spricht, kritisiert die Linke den Beschluss als „Ausgrenzung und Entrechtung von Schutzsuchenden“.

Wird Peine zum Modell für andere Kommunen?

Der Beschluss ist ein politisches Experiment: Peine ist der erste Landkreis in Niedersachsen, der eine Arbeitspflicht für Geflüchtete konkret umsetzt.
Ob daraus ein Modell für andere Regionen wird, hängt von der rechtssicheren und praktikablen Umsetzung ab.

Für den Erfolg braucht es:

  • klare Auswahlkriterien für Teilnehmende

  • Transparenz und Kontrolle, um Missbrauch zu vermeiden

  • Finanzielle Stabilität

  • Verständnis in der Bevölkerung

Fazit

Peine wagt einen Schritt, der Integration fördern aber auch spalten könnte. Zwischen rechtlicher Pflicht und menschlicher Würde bewegt sich eine Debatte, die Deutschland noch länger beschäftigen dürfte.

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Quellenangaben

  1. Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ): Bericht vom 8. Oktober 2025: „Warum der Kreis Peine Asylbewerber zur Arbeit verpflichten will“
    (Autoren: Redaktion HAZ, Region Niedersachsen)

  2. Norddeutscher Rundfunk (NDR): Nachrichtenbeitrag vom 8. Oktober 2025: „Kreis Peine beschließt Arbeitspflicht für Geflüchtete“
    (Quelle: NDR Niedersachsen, Redaktion Politik & Gesellschaft)

  3. PAZ Online (Peiner Allgemeine Zeitung): Kommentar vom 9. Oktober 2025: „Linken-Chefin Reichinnek zum Peiner Beschluss: Ausgrenzung und Entrechtung“
    (Autorin: Anne-Katrin Reichinnek, Landesvorsitzende Die Linke)

  4. Anwalt.org – Juristische Informationsplattform: Fallanalyse, aktualisiert Mai 2024: „Arbeitsverweigerung nach Asylbewerberleistungsgesetz: Wann drohen Leistungskürzungen?“
    (Quelle: Redaktion Anwalt.org, Fachjuristische Redaktion Berlin)

  5. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Informationsseite, Stand 2025: „Arbeitsmarktzugang für Geflüchtete“
    (Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Referat IIa3)

  6. Gesetze-im-Internet.de: Offizielle Rechtsquelle: Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), §§ 1a und 5
    (Herausgeber: Bundesministerium der Justiz in Zusammenarbeit mit der juris GmbH)