Man erwartet, dass die EU-Staaten eine entsprechende Entscheidung auf dem bevorstehenden Treffen des Europäischen Rats im Dezember in Brüssel treffen werden. Auf diesem Treffen soll auch Moldau die Möglichkeit zur Annäherung an die EU erhalten, da die Europäische Kommission dem Land ebenfalls Fortschritte bescheinigt hat.
Innerhalb der Europäischen Kommission gab es bis zuletzt kontroverse Diskussionen darüber, ob sie auch die Empfehlung für Beitrittsverhandlungen mit Bosnien und Herzegowina aussprechen sollte. In einem vorab veröffentlichten Statusbericht zur Erweiterungspolitik, der dem Handelsblatt vorliegt und am Mittwoch veröffentlicht wurde, wird nun in Aussicht gestellt, dass die Empfehlung bald erfolgen könnte, sobald das Land die erforderlichen Kriterien in ausreichendem Maße erfüllt. Im März 2024 plant die Kommission, die Fortschritte erneut zu überprüfen.
Das Beitrittsverfahren sieht vor, dass die Bewerberstaaten schrittweise das EU-Recht übernehmen und stabile demokratische sowie rechtsstaatliche Institutionen vorweisen. Dabei steht nicht die Erweiterung des europäischen Binnenmarkts im Vordergrund, sondern vielmehr die Schaffung einer Friedensordnung.
„Die EU-Erweiterung ist ein Treiber für langfristige Stabilität, Frieden und Wohlstand auf dem gesamten Kontinent“, schreibt die Kommission in dem Erweiterungsbericht. „Die EU-Mitgliedschaft ist eine geostrategische Investition in ein starkes, stabiles und geeintes Europa.“
Die EU-Kommission betrachtet die Bedingungen für den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine als weitestgehend erfüllt. Ein genauer Zeitpunkt für den Start der Gespräche wird voraussichtlich bei einem Gipfeltreffen im Dezember festgelegt.
Ukraine: Bereitschaft zu Bedingungen für Beitrittsverhandlungen
Die Gespräche mit der Ukraine sollten vor allem als eine geopolitische Geste betrachtet werden: Europa möchte betonen, dass es die Ukrainer in ihrem Streben nach Freiheit unterstützt und nicht im Stich lässt. In ihrem Bericht stellt die Kommission fest, dass trotz des „brutalen Angriffskriegs“ seitens Russlands die Ukraine eine erhebliche „institutionelle Stärke, Entschlossenheit und Funktionsfähigkeit“ demonstriert.
Die Regierung hat bedeutende Fortschritte bei „demokratischen und rechtsstaatlichen Reformen“ erzielt. Von den sieben Reformmaßnahmen, die die Europäische Union im vergangenen Sommer identifiziert hat, wurden vier bereits umgesetzt, wie es in dem EU-Dokument heißt. Für die verbleibenden drei besteht noch Raum für Verbesserungen.
Das betrifft den Schutz von Minderheiten, den Kampf gegen Korruption und die Begrenzung der politischen und wirtschaftlichen Einflussnahme von Oligarchen. Die EU sieht auch Mängel im Vorgehen gegen das organisierte Verbrechen, das durch „weit verbreitete Korruption“ behindert wird.
Daher empfiehlt die Kommission den Mitgliedstaaten, die Aufnahme von Beitrittsgesprächen an die Bedingung zu knüpfen, dass die ukrainische Regierung in diesen Bereichen weitere Verbesserungen vornimmt. Konkret bedeutet dies, dass die erste Runde der Beitrittsverhandlungen erst stattfinden soll, wenn Kiew zusätzliche Reformen vorantreibt. Diplomaten halten es für möglich, dass dies bereits im nächsten Jahr der Fall sein könnte.
Die bedeutendste Herausforderung: Ein Konflikt mit Russland
Es ist jedoch offensichtlich, dass nach Einschätzung von Beamten in Brüssel noch viele Jahre vergehen werden, bevor die Ukraine Mitglied der Europäischen Union wird. Der Wunsch von Präsident Wolodymyr Selenskyj, sein Land bis 2025 in die EU zu führen, dürfte wohl kaum in absehbarer Zukunft in Erfüllung gehen.