Bezahlkarte für Flüchtlinge – 50.000 Karten im Einsatz

Bezahlkarte für Flüchtlinge – 50.000 Karten im Einsatz
Bezahlkarte für Flüchtlinge: 200.000 Karten an Bundesländer ausgegeben Unternehmer: 50.000 Karten im Einsatz © IStock

Bezahlkarte für Geflüchtete: 1.000 neue Karten täglich – Start in 14 Bundesländern nimmt Fahrt auf

Ein Jahr nach dem Startschuss: Die Bezahlkarte kommt an – aber nicht überall reibungslos

Es ist still geworden um die Bezahlkarte für Geflüchtete – zumindest oberflächlich. Doch hinter den Kulissen läuft ein digitaler Kraftakt: Täglich werden in Deutschland über 1.000 neue Bezahlkarten aktiviert, wie Publk-Geschäftsführer Jörg Schwitalla im Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung bestätigte. Damit hat die Einführung der Karte, ein Jahr nach den politischen Beschlüssen, spürbare Dynamik gewonnen.

Aber was genau steckt hinter diesem Projekt – und warum sorgt es dennoch für hitzige Debatten?

200.000 Karten, 14 Länder, ein Ziel: Digitalisierung trifft Sozialpolitik

„Wir haben bislang gut 200.000 Karten an die Länder ausgegeben“, sagt Schwitalla. Aktuell seien rund 50.000 Karten im täglichen Einsatz, die Zahl steige stetig. Hinter dem Projekt steht ein Konsortium unter Führung der Publk GmbH, das die bundesweite Ausschreibung zur Umsetzung der Bezahlkarte gewonnen hat. Von den 14 teilnehmenden Bundesländern haben bis auf Berlin und Thüringen inzwischen alle mit der Ausrollung begonnen.

Nicht mit dabei: Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. Beide Länder setzten auf eigene Wege – Bayern mit einem eigenen System, das aktuell 70.000 Karten umfasst. Eine föderale Vielfalt, die man in Deutschland kennt – doch sie erschwert die einheitliche Kontrolle und das Ziel, Bargeldzahlungen an Geflüchtete zu reduzieren.

Umtauschinitiativen: Wenn Technik an gesellschaftlicher Realität scheitert

Wo Systeme greifen, entstehen oft auch Schlupflöcher. In vielen Städten haben sich sogenannte Umtauschinitiativen gegründet: Sie tauschen Wertgutscheine gegen Bargeld, umgehen damit bestehende Bargeldobergrenzen – und hebeln so den eigentlichen Zweck der Karte aus.

„Technisch können wir das nicht unterbinden“, gibt Schwitalla offen zu. „Ob der Karteninhaber fünf Packungen Milch oder einen Gutschein kauft, können wir nicht unterscheiden.“ Eine Sperrung von ganzen Händlergruppen wie Supermärkten sei daher nicht zielführend – und rechtlich heikel.

Die Lösung? Eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen. Genau das fordern inzwischen Union und SPD in ihrem Sondierungspapier – ein Hinweis darauf, dass die Debatte politisch längst nicht abgeschlossen ist.

Zwischen Kontrolle und Freiheit: Wie viel Regulierung ist sinnvoll?

Die Debatte um die Bezahlkarte ist mehr als ein technisches oder verwaltungstechnisches Thema. Es geht um Werte, um Vertrauen und um den richtigen Umgang mit Menschen in einer Ausnahmesituation.

Ist es gerecht, Einkäufe von Alkohol über die Karte einzuschränken? Schwitalla meint: „Pauschale Verbote machen keinen Sinn.“ Auch die Idee, Supermärkte oder bestimmte Produkte zu blockieren, sei praktisch kaum umsetzbar. Hier stoßen Technik und Datenschutz an ihre Grenzen – und fordern die Politik zu klaren Entscheidungen heraus.

Zwischen Fortschritt und Flickenteppich

Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist zweifellos ein Schritt in Richtung digitalisierte Sozialleistungen – ein Projekt mit Potenzial, aber auch mit Baustellen. Die Zahlen zeigen: Die Karte kommt an, wird akzeptiert und genutzt. Doch gleichzeitig offenbaren sich Regelungslücken, gesellschaftliche Grauzonen und politische Uneinigkeit.

Wird die Karte zur Lösung oder zum nächsten Problemfall? Die Antwort hängt davon ab, wie klug – und wie einheitlich – Bund und Länder in den kommenden Monaten handeln.

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Verwendete Quellen
  • Neue Osnabrücker Zeitung