Google & Co. vor Digitalsteuer. Wer gewinnt den Streit?

Kommt die Digitalsteuer für Google, Meta & Co.? Streit zwischen Verlegern und Tech-Branche eskaliert
Verleger feiern den Plan, die IT-Branche warnt vor einem Bumerang
Wird Deutschland zum Vorreiter oder Risikofaktor? Der Vorschlag zur Einführung einer Digitalsteuer auf Online-Werbung sorgt für Aufruhr. Während Verleger eine historische Chance wittern, spricht die Tech-Branche von einem Angriff auf die digitale Zukunft. Im Zentrum: Staatsminister Wolfram Weimer und ein Plan, der polarisiert.
„Zehn Prozent sind legitim“ Weimer legt vor
Der neue Kultur- und Medienstaatsminister Wolfram Weimer will große Internetkonzerne wie Google, Meta und Co. künftig zur Kasse bitten mit einer zehnprozentigen Abgabe auf Online-Werbeumsätze in Deutschland. Die Einnahmen sollen redaktionelle Medien stützen.
Weimer beruft sich auf das österreichische Modell, wo eine vergleichbare Abgabe eingeführt wurde. Die Argumentation: Digitalkonzerne schöpfen immense Gewinne aus der deutschen Infrastruktur, ohne angemessen zum Gemeinwohl beizutragen. „Sie profitieren von unserer kulturellen Leistung, investieren aber zu wenig zurück“, so Weimer im Stern.
Verleger wittern Hoffnungsschimmer
Verlegerverbände wie BDZV und MVFP begrüßen den Vorschlag ausdrücklich jedoch mit einem klaren Hinweis: Die Einnahmen dürfen nicht im Bundeshaushalt versickern, sondern müssten gezielt der Medienvielfalt zugutekommen. Philipp Welte forderte gegenüber MEEDIA, die Einnahmen zur Stabilisierung journalistischer Angebote einzusetzen: „Es geht um die Existenz unabhängiger Presse in der digitalen Ära.“
Bitkom & eco: „Das ist Digitalpolitik aus der Steinzeit“
Ganz anders klingt es aus der Tech-Welt. Oliver Süme (eco) hält die Pläne für gefährlich: „Das stellt Unternehmen vor enorme bürokratische Hürden.“ Zudem sei unklar, ob die Regelung nicht sogar deutsche Anbieter treffen könnte.
Auch Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst warnt: „Ob Steuer, Abgabe oder Zoll jeder digitale Aufschlag wird unweigerlich zu höheren Preisen führen.“ Besonders kritisch sieht er die Auswirkungen auf die digitale Transformation von Unternehmen und Verwaltungen, die ohnehin schon schleppend vorankomme.
„Nicht mehr, sondern weniger Belastung auf digitale Güter“
Wintergerst verweist auf den internationalen Vergleich: In den USA werde fast zehnmal so viel in Digitalisierung investiert wie in Deutschland. Der Bitkom-Chef fordert stattdessen steuerliche Entlastung für digitale Infrastrukturen etwa durch niedrigere Strompreise für Rechenzentren oder reduzierte Mehrwertsteuern auf Gerätetechnik und Reparaturen.
Aber auch Wintergerst schielt bereits mit einem Auge auf die Mittel aus einer Digitalsteuer. Sollte sich die Bundesregierung für die Einführung neuer finanzpolitischer Maßnahmen entscheiden, müsse sie dafür sorgen, dass jegliche Mehreinnahmen der digitalen Transformation der deutschen Wirtschaft und ihren digitalen Infrastrukturen auch wieder zugutekommen. „Tun sie dies nicht, schadet die Bundesregierung dem Digitalstandort Deutschland mehr, als sie ihm nutzt.“
OECD statt Alleingang?
Kritiker fordern zudem eine internationale Lösung auf OECD-Ebene, um Handelskonflikte zu vermeiden. Denn: Die USA betrachten nationale Digitalsteuern als Angriff auf ihre Wirtschaft. Ein deutscher Alleingang könnte das transatlantische Verhältnis unnötig strapazieren und Gegenmaßnahmen provozieren.
Balanceakt zwischen Gerechtigkeit und Innovationsdruck
Der Vorschlag einer Digitalsteuer zeigt, wie tief der Konflikt um die digitale Zukunft Deutschlands reicht. Auf der einen Seite steht der berechtigte Ruf nach Fairness im digitalen Wettbewerb. Auf der anderen Seite die Angst vor Innovationshemmnissen und geopolitischen Spannungen.
Wird Deutschland mutig voranschreiten oder riskant isolieren? Die Antwort auf diese Frage entscheidet mit über die Zukunft der Medien, der Wirtschaft und unserer digitalen Gesellschaft.
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- Mit Material von Bitkom