Pleiten explodieren um 44 Prozent – Einzelhandel in Not

Insolvenzzahl schießt in die Höhe: Deutscher Einzelhandel am Abgrund
Eine Zunahme der Pleiten in Deutschland im Oktober wurde vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) bestätigt
Halle. Laut dem IWH-Insolvenztrend stieg die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im Oktober auf 1.0371. Im Vergleich zum Vormonat September ist dies ein Anstieg um 2%, während es im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 44%. Die Zahl der Insolvenzen im Oktober lag 12% über dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.
Laut einer Analyse des IWH-Insolvenztrends führen Schließungen großer Arbeitgeber oft zu hohen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den Beschäftigten. Im Oktober meldeten die größten 10% der Unternehmen, deren Insolvenz gemeldet wurde, ca. 9.700 betroffene Arbeitsplätze. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten in den größten 10% der Unternehmen lag damit 17% über dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 im Oktober. Die meisten Arbeitsplätze entfielen im Oktober auf Insolvenzen im Gesundheitswesen und in der Industrie.
Laut Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität sowie der dort angesiedelten Insolvenzforschung, markiert der Anstieg der Insolvenzzahlen im Oktober eine Trendwende. Nach einem deutlichen Anstieg der Insolvenzzahlen im Juni waren die Zahlen danach wieder leicht rückläufig gewesen. Der Oktober war zudem ein Monat mit vergleichsweise wenigen Arbeitstagen, im Juni waren es mehr. Entsprechend weniger gerichtliche Entscheidungen über Insolvenzeröffnung wurden im Oktober getroffen. “Bereinigt um Arbeitstageffekte war der Oktober der Monat mit den höchsten Insolvenzzahlen seit Ende der Pandemie”, sagt Müller.
Die dem Insolvenzgeschehen um etwa drei Monate vorlaufenden IWH-Frühindikatoren sind seit August deutlich und kontinuierlich angestiegen und liegen mittlerweile etwa ein Fünftel höher als im Juli. Das IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) liefert jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften.
Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben. Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.
Die Insolvenzzahlen, die im IWH-Insolvenztrend für Kapital- und Personengesellschaften gemeldet werden, umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen.
Diese Zahlen bilden somit verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab. Im Gegensatz dazu beziehen sich die monatlich vorläufigen Insolvenzzahlen der amtlichen Statistik auf alle Regelinsolvenzen, die neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen umfassen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet. Die Personen- und Kapitalgesellschaften machen weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.
Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung
IWH, Foto: Systembild Insolvenzzahlen steigen © IStock