Sicherheit nach Anschlägen: Erste Städte sagen Volksfeste ab

Sicherheit nach Anschlägen: Erste Städte sagen Volksfeste ab
Sicherheitsbedenken führen zu Absagen von Veranstaltungen © IStock

Tradition unter Druck: Sicherheitsbedenken führen zu Absagen von Volksfesten

Es ist ein Szenario, das viele Veranstalter, Besucher und Kommunen in Deutschland beunruhigt: Die wachsenden Sicherheitsanforderungen und die damit verbundenen hohen Kosten setzen traditionelle Volksfeste, Karnevalsveranstaltungen und Osterfeuer zunehmend unter Druck. Was einst als selbstverständlicher Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens galt, steht nun vor einer unsicheren Zukunft. Erste Absagen, darunter der Frühjahrsmarkt in Lage und das Kirschblütenfest in Marburg, verdeutlichen das Dilemma.

Wenn Sicherheit unbezahlbar wird

Seit den Anschlägen in Deutschland, insbesondere jenen auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg und das Attentat in München, sind die Sicherheitsmaßnahmen für Großveranstaltungen drastisch verschärft worden. Betonbarrieren, Sperrposten, verstärkte Polizeipräsenz und private Sicherheitsdienste sollen für Schutz sorgen. Doch all das hat seinen Preis.

Viele Kommunen und Veranstalter stehen vor einer untragbaren finanziellen Belastung. Für Veranstaltungen in belebten Innenstädten sind Sicherheitsvorkehrungen notwendig, die Kosten im fünf- bis sechsstelligen Bereich verursachen. Doch wer soll das bezahlen? Diese Frage stellt sich auch in Lage (NRW), wo die Stadt die geplante Kirmes absagen musste.

Bürgermeister Matthias Kalkreuter und der Veranstalter Adolf Steuer betonen, dass die Sicherheit der Besucher oberste Priorität habe. Doch ohne umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen – darunter 15 Sperrpunkte und über 30 Sicherheitsfahrzeuge – sei eine Durchführung nicht möglich. „Die massive Abriegelung der Innenstadt hätte zudem das Kirmesvergnügen nachhaltig negativ beeinflusst“, erklärten die Organisatoren.

Marburg, Berlin, Frohnau: Die Welle der Absagen rollt weiter

Nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Hessen und Berlin spitzen sich die Entwicklungen zu. In Marburg trifft es das beliebte Kirschblütenfest, das aufgrund gestiegener Sicherheitsauflagen gestrichen wurde. Bereits der Rosenmontagszug war aus ähnlichen Gründen ins Wasser gefallen.

Auch Berlin ist betroffen. In Friedrichshagen wurde das Bölschefest abgesagt, da die Veranstalter die Feiermeile nicht ausreichend gegen Angriffe mit Fahrzeugen sichern könnten. Der Vorsitzende des Fördervereins der Freiwilligen Feuerwehr Frohnau, Falk Hille, kündigte zudem an, dass das Osterfeuer am Zeltinger Platz zur Disposition stehe. „Es wird noch Gespräche geben, aber die Absage steht im Raum“, so Hille gegenüber dem „Tagesspiegel“.

Ein Volksfest ohne Unbeschwertheit?

Die Absagen sind mehr als nur Einzelfälle – sie sind ein Alarmzeichen für die gesellschaftlichen Veränderungen unserer Zeit. Volksfeste sind Orte der Freude, des Zusammenseins, der Tradition. Doch was passiert, wenn Angst und Sicherheitskosten diesen Veranstaltungen den Boden entziehen?

Es ist ein Drahtseilakt zwischen Schutz und Machbarkeit. Eine Anpassung der Sicherheitskonzepte ist dringend erforderlich, doch dabei müssen auch finanzielle und organisatorische Realitäten berücksichtigt werden. Wenn weiterhin reihenweise Feste gestrichen werden, droht eine Verarmung des öffentlichen Lebens.

Was bleibt, ist die Frage: Findet Deutschland einen Weg, Sicherheit und Tradition in Einklang zu bringen? Oder müssen wir uns darauf einstellen, dass Feste, die uns seit Generationen begleiten, bald nur noch eine Erinnerung sein werden?

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche